Im Land des Herrn | 78. Jahrgang | 2024 - 4

26 4/2024 tion, während er zwischen den Webmaschinen umhergeht. „Die Geschichte der Kufiya ist mit der Erde verbunden“, sagt er. Und dies in mancherlei Hinsicht. Vor den 1930er Jahren trugen ausschließlich Beduinen und Bauern (fellahin) die Kufiya, das traditionelle Kopftuch. Deren arabischer Name ist von der Stadt Kufa im Irak abgeleitet, die seit mehreren Jahrhunderten für ihre Textilindustrie bekannt ist. Nach diagonaler Faltung kann das Stück Stoff mit einer dicken schwarzen Kordel (aegal) auf dem Kopf befestigt werden. Männer waren so vor Kälte und sengender Sonne geschützt. „Die Kufiya markierte den Unterschied zwischen der Landbevölkerung und den gebildeten Männern in der Stadt, die eher den Tarbusch trugen. Eine Kappe, die die osmanische Regierung in den 1830er Jahren einführte“, erläutert Jane Tynan, Spezialistin für die Geschichte des Designs an der Universität Amsterdam und Autorin des Buches „Insurgent Trend: the popularity of the keffiyeh“. Der Legende nach soll das typische zentrale Motiv der Kufiya von den Schweißflecken inspiriert sein, die die Bauern auf einem vorher ganz weißen Tuch hinterließen. Andere sehen darin eher ein Fischernetz, da die Fischerei lange eine der Hauptbeschäftigungen der Palästinenser war. Für Izzat Hirbawi handelt es sich um Stacheldraht, ein Symbol der Besatzung. Die breiten Streifen ringsherum sollen Handelsrouten darstellen und das flügelartige Motiv den Olivenbaum, einen weit verbreiteten Baum in Palästina. Auch wenn jeder etwas Anderes sieht, bleibt der Grundgedanke derselbe: Die Kufiya wird mit der palästinensischen Identität gleichgesetzt. Widerstand und Einheit der Nation Das Symbol und das damit verbundene Narrativ entstanden nach und nach. Was die Kufiya betrifft, liegt ihr Ursprung in der „Großen arabischen Revolution“ (1936–1939), die mit einem sechsmonatigen Generalstreik begann. Der Aufstand gegen die Mandatsmacht Großbritannien und die jüdische Einwanderung ging von den ländlichen Gegenden aus und wurde immer radikaler. 1938 erreichte der Guerillakrieg die Altstadt von Jerusalem. „Französische Diplomaten stellen damals fest, dass auf geheimnisvolle Weise verbreitete Befehle den Arabern verbaten, den Tarbusch zu tragen. Jeder bewusste Patriot sollte nun die Kopfbedeckung der Beduinen, die Kufiya, Zwei Möglichkeiten, das Tuch zu tragen: einmal herkömmlich mit dem Ring „aegal“ oder „um den Kopf gewickelt“ © G. Klaus IM LAND DES HERRN

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