Im Land des Herrn | 78. Jahrgang | 2024 - 4

IM LAND DES HERRN 30 4/2024 menschliches Haar, damit die Naht unsichtbar bleibt.“ Die Oberin öffnet einen zweiten Schrank, der mit seinen Goldfäden einer Schatzkiste ähnelt: Es geht darum, die Bordüre einer Dalmatik, deren Goldfäden verschlissen sind, zu restaurieren. Die Nonnen lernen, wie sie mit einer Pinzette alle Goldfäden ordnen, sie dann mit einer Insektennadel fixieren und schließlich mit einem besonderen Stich befestigen sollen. Mit dieser Technik können sich die Schwestern selbstständig mit der Restaurierung anderer Stücke befassen. Eine Lupenleuchte, Arbeitstische, Nähmaschinen zum Anbringen von Stützgewebe, alles (oder fast alles) ist an seinem Platz. Bei jedem Besuch bringt Anastasia Ozeline etwas mit, um die Ausstattung der Werkstatt zu ergänzen. Zurzeit probieren die Schwestern eine fast kulinarische Aktivität: sie färben Fäden und Seidenmuster mit einer Mischung aus farbigem Pulver und demineralisiertem Wasser, die sie auf einer Kochplatte erhitzen. Dieser extrem präzise Färbungsvorgang ermöglicht die genaue Nachahmung der Farbe des Teils, das zu restaurieren ist: „Bis jetzt arbeiten wir mit synthetischen Farbstoffen. Wir wollen uns aber mit den natürlichen vertraut machen, da sie einen edlen Schimmereffekt haben. Außerdem wurde diese Technik zu der Zeit angewandt, als die Textilien der Sammlung entstanden sind; sie ist also ihrem Ursprungzustand am nächsten.“ Die Werkstatt in voller Aktion Die Nonnen lernen auch die Anlegetechnik, jenen Stickstich, der für die Textilrestaurierung ausgewählt wurde. Selbst wenn sie konzentriert arbeiten, ist die Stimmung sehr heiter. „Es ist das erste Mal, dass wir Kurse auf diesem hervorragenden technischen Niveau haben. Dennoch erklärt uns Anastasia alles sehr klar und einfach. Bei der Arbeit lachen wir viel! Wir müssen noch eine Menge lernen: wie angelaufenes Gold gereinigt wird, aber auch andere Stiche für abgenutzte Stoffe“, erzählen die Schwestern. „Unsere Arbeit ist die Fortsetzung unseres Gebets. Wir schöpfen die Kraft und die Liebe, die für all unsere Aufgaben notwendig sind, aus der Anbetung.“ Dies wird von der Restauratorin, die schon zweimal zu Besuch war, bestätigt: „Die gesamte Gemeinschaft nimmt an den Kursen teil und alle Schwestern haben ein sehr großes Potential. Mich berührt insbesondere ihre Suche nach Schönheit in allem, was sie tun. Die Textilrestaurierung hat etwas Meditatives, die Wiederholung der Stiche passt sehr gut zu einem kontemplativen Leben.“ Aus „Terre Sainte“ Nov. 2023 Die Übersetzung besorgte Rose-Marie Eisenkolb Ein vollständiger Mess-Ornat in S. Salvator, Jerusalem Die Schwestern der Milchgrotte beim Gebet

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=