Im Land des Herrn | 78. Jahrgang | 2024 - 4

4/2024 35 Sensationsfund in der Grabeskirche? Petrus Schüler OFM n den letzten Monaten kursierten in verschiedenen Medien Berichte über einen „Sensationsfund“ in der Grabeskirche: Der Jerusalemer Bezirksarchäologe der israelischen Antikenbehörde, Amit Re’em und sein Kollege Ilya Berkovich wollten „durch Zufall vor Kurzem“ auf diesen „sensationellen Fund“ aufmerksam geworden sein: der Altar der Grabeskirche aus der Kreuzfahrerzeit. Im Grunde handelt es sich um eine riesige Steinplatte, die im „Gang der Jungfrau“ steht und auf der einen Seite mit zahlreichen modernen Graffitis beschmiert wurde und auf der anderen, der Schauseite, Marmordekorationen in Cosmaten-Technik zeigt. Die Autoren berichten von einer „bisher unbekannte(n) Verbindung zwischen Rom und dem christlichen Königreich Jerusalem“. Die besagte Steinplatte wurde bei Restaurationen im Presbyterium der Griechen gefunden und vom Archäologen der Franziskaner, Pater Virgilio Corbo OFM (1918–1991) beschrieben. Pater Virgilio beschrieb die Platte in den Jahren 1969 und 1981 und nahm damals schon ihre Funktion als eine Art „Antependium“ eines Altares der Kreuzfahrerzeit an. Die Platte bekam später ihren Platz im „Gang der Jungfrau“, unweit der Sakristei der Franziskaner. Wenn also Berkovich und Re’em behaupten: „Niemand, auch nicht der örtliche Klerus, wusste etwas über die Herkunft dieses Steins oder darüber, wann und von wem er an diesem Ort angebracht wurde“ (Artikel in „Eretz Israel“), dann entspricht das nicht der Wahrheit. Erstaunlich bleibt eher, wie die Medien ungeprüft und unkritisch diese Nachricht übernahmen. Eine positive Ausnahme macht dabei die KNA („Katholische Nachrichten-Agentur“), die den Sachverhalt gut erklärt und recherchiert hat und damit die „Sensationsmeldung“ ins richtige Licht gerückt hat. I Steinplatte im „Gang der Jungfrau“ © Jakobus Maria Raschko OFM Plan der Kreuzfahrerkirche, erstellt vom Technischen Büro der Kustodie

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