Im Land des Herrn | 78. Jahrgang | 2024 - 4

6 4/2024 IM LAND DES HERRN Alle suchen dich. Er antwortete: Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort verkünde; denn dazu bin ich gekommen. Und er zog durch ganz Galiläa, verkündete in ihren Synagogen und trieb die Dämonen aus (Mk 1,16–39). Kafarnaum musste aber auch die ernste Drohung Jesu anhören: Dann begann er den Städten, in denen er die meisten Machttaten getan hatte, Vorwürfe zu machen, weil sie nicht Buße getan hatten: Weh dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Denn wenn in Tyrus und Sidon die Machttaten geschehen wären, die bei euch geschehen sind – längst schon wären sie in Sack und Asche umgekehrt. Das sage ich euch: Tyrus und Sidon wird es am Tag des Gerichts erträglicher ergehen als euch. Und du, Kafarnaum, wirst du etwa bis zum Himmel erhoben werden? Bis zur Unterwelt wirst du hinabsteigen. Wenn in Sodom die Machttaten geschehen wären, die bei dir geschehen sind, dann stünde es noch heute. Das sage ich euch: Dem Gebiet von Sodom wird es am Tag des Gerichts erträglicher ergehen als dir (Mt 11,20–24). Die Synagoge Bereits 1838 vermutete der amerikanische Orientreisende E. Robinson in diesen Ruinen eine Synagoge. Dies bewog die Franziskaner, in siebenjährigen Verhandlungen mit vielen Rückschlägen 1886–1893 das Grundstück zu erwerben – in der Hoffnung, dort Kafarnaum zu finden. Noch vor dem Ersten Weltkrieg bemühte sich der deutsche Franziskanerbruder Wendelin Hinterkeuser, einige Ordnung in die vielen Ruinenteile zu bringen. In den Jahren 1921 unternahm der aus Nazaret stammende Franziskaner Gaudenzio Orfali eine teilweise Wiederherstellung des monumentalen Gebäudes. Diese Rekonstruktion wurde mit dem Enthusiasmus und den archäologischen Methoden der damaligen Zeit vorgenommen; sie macht leider nicht kenntlich, welche Bauelemente tatsächlich vorgefunden und welche ergänzt wurden. Vor allem die angedeutete Rekonstruktion einer Empore nach dem Vorbild mittelalterlicher europäischer Synagogen lässt sich heute nicht mehr aufrecht erhalten. Die Pionierarchäologen bis zum beginnenden 20.Jahrhundert waren zumeist überzeugt, die Synagoge aus der Zeit Jesu gefunden zu haben. Die deutschen Archäologen Heinrich Kohl und Carl Watzinger erforschten 1905–1916 die Ruinen und datierten sie auf die Zeit um 200n.Chr. Da also die Synagoge nicht die Synagoge aus der Zeit Jesu sein konnte, bemühten sich die Franziskaner 1968–1990 mit der gebotenen Vorsicht darum herauszufinden, ob sich nicht unter der heute sichtbaren Synagoge eine frühere befände. Eine erste Überraschung war dabei, dass man im Fußboden der jetzigen Synagoge mehr als 30.000(!) Münzen aus der Zeit von 383–395n.Chr. fand. Solche Münzschätze sind inzwischen auch bei anderen Synagogen gefunden worden – wohl die Kasse der betreffenden Synagoge. Tatsächlich fand man andersartige Grundmauern unter der sichtbaren Synagoge. Das Ergebnis der beiden Franziskaner Virgilio Corbo († 1991, hier begraInnenraum der Synagoge © Igor Hollmann

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