Franziskaner - Sommer 2020

ImMorgengrauen erwachte Germanicus und knurrte vor sich hin. »Was redest du?«, fragte ihn Franziskus. Gut, dass er die deutschen Flüche des Bruders nicht verstehen konnte. Es war aber auch wie verhext. Sie hatten doch eine Mission! Sie wollten in der Lombardei, wo sich gerade viele deutsche Ritter aufhielten, den Frieden predigen. Das war sein Auftrag: Germanicus predigt den Germanen. Franziskus hatte im Gebet erfahren, dass Gott es so will. Und jetzt? Seit Tagen schüttete es wie aus Eimern. Die einzige Brücke über den Fluss war vomWasser überspült. Kein Weiterkommen. »Was soll das?«, ereiferte sich Germanicus. »Wenn Gott es doch will, warum werden wir zum Stillstand gezwungen?« Germanicus und die Unterbrechung »Bruder, unterbrechen ist nicht abbrechen.« »Wortklauberei!«, wütete Germanicus. Franziskus blieb ruhig: »Meine innere Stimme sagt mir: Halt an. Denk nach, ob dein Kurs stimmt.« »Quatsch!«, unterbrach ihn Germanicus. »Natürlich stimmt der Kurs. Es geht über diesen Fluss. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.« »Es geht nicht um denWeg in die Lombardei, Bruder. Es geht um unser Leben. Stimmt der Kurs?« Germanicus starrte grübelnd in die Pfütze zu seinen Füßen.Was für eine Bescherung, alle Pläne zunichte! Dann hellte sich sein Gesicht auf. »Du meinst, die Unterbrechung schafft hier im Dauerregen den Raum, in dem ich still werden und Gottes Stimme hören kann? Dann soll es ruhig weiter regnen …« text helmut schlegel ofm illustration michael blasek ofm

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