Franziskaner - Herbst 2021

franziskaner 3|2021 3 »Habt ihr das denn nicht gewusst?« Gipfel der Belanglosigkeit:Wenn einem beim Small Talk gar nichts mehr einfiel, redete man vom Wetter. Das war einmal. Seitdem sich scheinbareWetterkapriolen immer eindeutiger als Symptome einer globalen Klimakrise entpuppen, sind Sonne und Regen plötzlich ein bedrückend existenzielles Thema. Verheerende Überschwemmungen, die ganze Dörfer zerstören und Menschen in den Tod reißen. Solche Bilder kannten wir bisher nur aus Bangladesch oder Pakistan. Nun betreffen sie uns alle! Denkbare Folgen des Klimawandels sind keine Horrorvisionen aus Hollywood, sondern ziemlich wahrscheinliche Zukunftsszenarien. Den Verlust der Biodiversität möchte manch eine*r noch als Schönheitsfehler abtun.Wenn aber die Polkappen schmelzen und der Meeresspiegel steigt, wennWüsten sich ausbreiten und ganze Landstriche unbewohnbar werden, wird das Migrationsbewegungen in unvorstellbarem Ausmaß nach sich ziehen. Dürre, Hunger und Krankheiten bedrohen politische Stabilität und staatliche Strukturen, führen zu Gewalt und Krieg. Und wieder wird der Schrei der Erde zum Schrei der Armen. Die Uhr tickt. Immer noch nicht laut genug? Es gibt viele Möglichkeiten, sie bewusst zu über- hören. Die dumpfe Leugnung: Es gibt keine Klimakatastrophe! Die Beschwichtigung: Ganz so schlimm wird’s schon nicht werden! DasWegducken: Mich betrifft das alles nicht mehr, nach mir die Sintflut! Die lähmende Erfahrung der Ohnmacht: Gegen solche globalen Umwälzungen ist der/die Einzelne doch völlig hilflos! Von einer Erderwärmung und durch Smog vernebelten Großstädten wusste Franz von Assisi noch nichts. Sein Sonnengesang aber erspürt mit prophetischer Intuition, wie in der Schöpfung alles mit allem zusammenhängt: Sonne und Regen, dasWasser und die Luft, die Erde und der Mensch sind Schwestern und Brüder.Wir tragen füreinander Verantwortung.Wir haben nur gemeinsam Zukunft – oder eben keine. Darum brauchen wir in unserem gemeinsamen Haus auch einen familiären Lebensstil.Wir müssen uns fragen, wie wir Energie gewinnen, wie wir unsere Häuser bauen, wie wir uns ernähren, wie viel Mobilität und wie viel Konsumwir wirklich brauchen. »Habt ihr das denn nicht gewusst?Warum habt ihr nichts dagegen unternommen?« Das ist eine typische Frage Nachgeborener an Eltern und Großeltern.Werden kommende Generationen einmal uns Heutigen diese Frage stellen? Cornelius Bohl OFM (Provinzialminister) © picture alliance/euroluftbild.de – klaus göhring

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