Franziskaner - Herbst 2022

18 franziskaner 3|2022 Am 21. Juli wurde eine Erklärung aus dem Vatikan zum Synodalen Weg in Deutschland veröffentlicht, die Bischöfe und Laien ausdrücklich warnt, eigenmächtig Reformen zu beschließen. Was sagt dieses vatikanische Schreiben und die Art undWeise seiner Veröffentlichung überMacht undUmgangmitMacht in der katholischen Kirche aus? Lücking-Michel: Sie legen den Finger in die Wunde. Denn wer vonMacht und Gewaltenteilung spricht und sich als erwachsene Christen und Katholiken begreift, kannüber ein solches Schreibennur denKopf schütteln. Ich sage in meinen Vorträgen immer: »Nicht auf jeder Postkarte aus Romsteht gleich einunfehlbaresDogma.« DieseArt derKommunikationüber einanonymes Schreiben ist für mich ein Zeichen von Schwäche, von Angst davor, bestimmte Themen nicht mehr auf Dauer mit einemTabubelegenzukönnen. Ich sehe solcheVersuche, Veränderungen irgendwie aufzuhalten, eher entspannt. Denn: Veränderungen passieren anders. Veränderung geschieht von unten. In den diversenGesprächsprozessen seit 2010 und jetzt beimSynodalenWeg ist schon so viel in Bewegung geraten in der Kommunikation, im Ringenmiteinander, durch die klare Formulierung von »Hier werden Bastionen geräumt, die bis vor Kurzem noch mit Kanonen verteidigt wurden« Am 21. Juli wurden in einer Erklärung des Vatikans – ohne Absender und Unterschrift – die deutschen Bischöfe und Laien davor gewarnt, eigenmächtig und ohne Abstimmung mit der Weltkirche Reformen umzusetzen. Diese Forderung irritierte, da bereits in Satzung und Geschäftsordnung des Synodalen Weges festgelegt ist, dass Beschlüsse der Synodalversammlung von sich aus keine Rechtswirkung entfalten. Auch steht dort, dass die Vollmachten der einzelnen Bischöfe unberührt bleiben und Beschlüsse zu Themen, die einer gesamtkirchlichen Regelung vorbehalten sind, dem Apostolischen Stuhl als Voten übermittelt werden. Vor diesem Hintergrund reagierte die große Mehrzahl der Delegierten auf der Synodalversammlung einschließlich des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, verärgert auf den Brief aus Rom, da er vor Eigenmächtigkeiten warnt, die niemand beansprucht hatte. In Medien und Kirche wurde das Schreiben als Warnung verstanden, überhaupt bestimmte Themen zu diskutieren, geschweige denn in Abstimmungen deutlich werden zu lassen, wie Bischöfe und Laien bei zentralen kirchlich umstrittenen Themen denken. Verantwortungsvoller, gemeinsamer Umgang mit Macht: Dr. Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und des Synodalen Weges, im Gespräch mit Bischof Dr. Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und Präsident des Synodalen Weges © maximilian von lachner – synodaler weg

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