Franziskaner - Herbst 2022

24 franziskaner 3|2022 Geistlicher Wegbegleiter – Oktober 2022 In jener Zeit kam einer der Synagogenvorsteher namens Jaírus zu Jesus und flehte ihn um Hilfe an; er sagte: Meine Tochter liegt im Sterben. Komm und leg ihr die Hände auf, damit sie geheilt wird und am Leben bleibt! Da ging Jesus mit ihm. Er fasste das Kind an der Hand und sagte zu ihm: Talíta kum! Das heißt übersetzt: Mädchen, ich sage dir, steh auf! Sofort stand das Mädchen auf und ging umher; dann sagte er, man solle demMädchen etwas zu essen geben. Die Situation Ein Vater in Not. Wer kann sich nicht einfühlen in die Sorge um eine sterbenskranke Tochter, ein sterbenskrankes Kind. Mit Händen greifbar ist die Angst, der letzte Strohhalm ist dieser Jesus von Nazareth, der etwas kann, was keiner kann: heilen. Der Vater fiel ihm zu Füßen und bat ihn: Hilf uns! Noch auf demWeg kam die Nachricht vom Tod der Tochter. Doch Jesus beruhigt: Sie schläft nur. Ungläubiges Lachen ist die Reaktion. Im Haus selbst nimmt er nur die Eltern mit und zwei seiner Jünger. In ihrem Beisein nimmt er die Tochter des Jairus an die Hand und spricht jene bekannten Worte, die aufatmen lassen: Talita kum. Voller Mitgefühl und Zärtlichkeit: Mädchen, steh auf! Und gleich danach geht es um ganz profane Alltagsbedürfnisse: das Essen. Sie schläft nur Es sind vielleicht die beiden ergreifendsten Worte des ganzen Neuen Testaments, dieses kurze »Talita kum«. Es sind Worte der Hoffnung! Kinder haben immer etwas mit Hoffnung zu tun. Welche Hoffnungen haben Eltern, wenn ein Kind geboren wird! Kinder sind vielleicht sogar der Inbegriff der Hoffnung. Hier ist ein Kind gestorben und damit alle Hoffnung an ihr Ende gekommen. Jesus ruft die Hoffnung ins Leben zurück. Dabei ist nach menschlichem Ermessen doch alles vorbei. Ein Mensch ist gestorben: Punkt. Aus. Ende. Aber Jesus deutet die Situation anders: Wo andere schon das Sterben sehen, sieht Jesus den Schlaf. Das Mädchen muss aus seinem Schlaf auferweckt werden, denn sonst verpasst es das Leben. Was mir entgegenkommt Nirgendwo ist Jesus so menschlich wie in den Situationen, in denen er sich der Not trauernder Eltern annimmt. Dieses Mädchen ist für mich ein Symbol für die Hoffnung: die Hoffnung, die am Boden liegt. Das lässt aufhorchen! Ein Wort für alle, die nicht mehr hoffen können; für alle, die sich an irgendetwas geklammert haben und nun nur noch Trauer und Enttäuschung spüren; ein Signal für alle, die mit einer Krankheit kämpfen und die immer mehr das Gefühl überkommt, kaum noch eine Chance zu haben; für alle, die mit dem Leben kämpfen und die in ihrer täglichen Sorge um die Bewältigung des Alltages schon kurz vor dem Aufgeben sind; für alle, die um ihre Arbeitsplätze ringen und doch das Gefühl nicht loswerden, auf verlorenem Posten zu stehen. Talita kum – Jesus gibt den Menschen die Hoffnung zurück. Er hilft der Hoffnung neu auf die Füße. Und dafür reicht es aus, dem anderen die Hände zu reichen © photographee.eu – stock.adobe.com Die Auferweckung einer Tochter Markus 5,21–24;35–43

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