Franziskaner - Herbst 2022

29 franziskaner 3|2022 Bibeltexte zumWeiterlesen Genesis 17; Levitikus 12; Matthäus 3,13–17; 28,16–20; Markus 1,9–11; 16,9–20; Lukas 3,21–22; Johannes 1,29–34; Apostelgeschichte 8,26–40 Hinweis auf Jubiläumsjahr 2021 und 2022 begehen wir das Festjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«. Im Jahr 321 hat der römische Kaiser Konstantin ein Gesetz erlassen, das Juden gestattete, städtische Ämter in der Verwaltung Kölns zu übernehmen. Verbunden mit dem Jubiläumsjahr ist die ökumenisch verantwortete Kampagne »#beziehungsweise – jüdisch und christlich: näher als du denkst«. >> www.juedisch-beziehungsweise-christlich.de Dr. Johannes Roth OFM Im Judentum erfolgt die Aufnahme in die Gemeinschaft – oder besser gesagt in den Bund mit Gott – bei Jungen durch die BeschneidungundbeiMädchen durch die Feier der Namensgebung. DemJungenwirddabei nach jüdischem Brauch durch denMohel (»Beschneider«), der dafürausgebildetwurde, dieVorhaut entfernt. ImNormalfall geschieht dies am achtenTagnachderGeburt.DieBeschneidung gehört zuden 613Gebotendes Judentums und wirdhäufigauchbei säkularen Judenvollzogen, da sie ein wichtiger Bestandteil der jüdischen Identität ist.DieserBrauchgeht zurückauf eine biblischeÜberlieferung: aufdenBund, denGott mit Abrahamgeschlossenhat (Genesis 17). Das Zeichen dieses Bundes ist die Beschneidung aller, die männlich sind. Die Beschneidungszeremonie findet heute in der Synagoge statt und wird von mehreren Segenssprüchen begleitet. ImBabylonischen Exil (6. Jh. v. Chr.) wurde die Beschneidung neben demSabbatgebotundden Speisevorschriften zu einemder Identitätsmerkmale des Judentums. Alle drei eigneten sich gut für die Abgrenzung von der jeweiligen Mehrheitsgesellschaft, inder Jüdinnen und Juden lebten. Ein Bestandteil der Beschneidungszeremonie ist auch die Namensgebung. Da es fürMädchen kein Beschneidungsgebot gibt, wird ihr Name nachihrerGeburt imRahmen einer Torahlesung in der Synagoge verkündet. Seit einigen Jahren gibt es dafür ein eigenes Ritual. Die meisten Kinder haben neben diesem »religiösen« noch einen »bürgerlichen« Namen, der auch ihrRufname ist. Der Name hat im Judentum eine große Bedeutung. Dadurch wird eine Zugehörigkeit zur Familien- und Gemeindetradition zum Ausdruck gebracht. Die Hebräische Bibel kennt keine Auferweckung von den Toten. Die Verstorbenen leben im Namen des Kindes weiter. Die Eltern sind auch Bestandteil des Namens, denn ein Kind wird in der Synagoge als »X., Sohn beziehungsweise Tochter von Y. und Z.« aufgerufen. Meist wählen die Eltern biblische Namen oder Namen, die einen Bezug zum jüdischen Jahreskreis und der Natur haben, oder auch Namen eines verstorbenen oder lebenden Familienmitglieds. ImChristentumerfolgt die Aufnahme in dieGlaubensgemeinschaft durch die Taufe, sowohl in der katholischen als auch in der evangelischen Kirche. Mit der Taufe verbunden ist die Namensnennung des Täuflings. Konstitutiv für denTaufritus ist die Taufformel, in die dieser Name eingebunden ist, und das Übergießenmit Wasser. War imfrühenChristentumdie Erwachsenentaufe dieRegel, so ist es nun die Kindertaufe, häufig im ersten halben Jahr nach der Geburt. Der Name spielt auch im Christentum eine große Rolle. Gott hat jeden Menschen bei seinem Namen gerufen. Der Täufling ist mit Gott, seinem Schöpfer, verbunden und er mit ihm, denn alle werden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft. Der dreifaltige Gott hat die Menschen geschaffen und kennt sie. Besonders in der katholischen Kirche ist der Name mit einer Patronin oder einem Patron verbunden. Zur Erinnerung daran wird der Namenstag gefeiert, in manchen Regionen und in vielen Ordensgemeinschaften ist er sogar wichtiger als der Geburtstag. Viele Kinder haben den Namen des oder der Heiligen erhalten, dessen oder der an ihremGeburtstag oder an einemTag im näheren Umfeld gedacht wird. Der Namenspatron oder die Namenspatronin soll den Täufling imLeben begleiten und beschützen. Im Judentum wie auch im Christentum verbindet der Bund Gottes die Generationen. Wir alle sind Kinder Gottes!

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