36 franziskaner 3|2022 0% 4% 1% -1% 5% 2% 6% 3% 7% 8% 2012 2013 2014 2015 2016 Beschluss des EU-Rettungsschirms und damit verbundene Zahlungen an Griechenland Referendum für den Brexit Inflationrate in Deutschland Gegenüber dem Vorjahresmonat | 2011–2022 quelle: statistisches bundesamt (destatis), 2022 | stand: 28. 09. 2022 Wie lange es dann tatsächlich dauert, bis die Inflationsrate wieder deutlich sinkt, hängt nämlich auch von Dingen ab, über die ungern diskutiert wird. Die Preise für Güter hängen ja nicht nur von den Löhnen ab, sondern beispielsweise auch von den Gewinnmargen der Unternehmen. Und in der aktuellen Situation, wo Haushalte mit geringeren Einkommen tatsächlich echte Probleme bekommen, ist es legitim zu sagen, die Löhnemüssen steigen, dafür können dieGewinne eben dann weniger stark steigen. Hierbei ist auch festzuhalten, dass die Gewinne in den letzten 10 bis 15 Jahren so stark sprudelten, dass es für viele Unternehmen auch unter den aktuellen Bedingungen hoher Energiepreise kein Problem ist, einen gewissen Verzicht zu üben. Politik und viele Medien befürchten in diesem Jahr einen heißen Herbst mit massiven Protesten gegen weiter steigende Preise und ein Ausnutzen dieser Situation durch Rechtspopulisten. Gibt es aus Ihrer Sicht wirtschaftspolitische Maßnahmen der Regierung, dem entgegenzuwirken? Man muss unterscheiden zwischen den Maßnahmen, die jetzt eine Linderung für die betroffenen Menschen ermöglichen, und den Maßnahmen, die ergriffen werden können, um tatsächlich etwas gegen die Inflation zu tun. Und dann gibt es vielleicht ein paar Maßnahmen, die bei beidemhelfenkönnen. Aber nun sitzenwir heute gerade zusammen, an einen Tag (5. September), nachdem ganz viele Maßnahmen beschlossen wurden. Da ist einiges Gute dabei, wie die Erhöhung des Kindergeldes und viele andere Dinge, die sich direkt an ärmere Haushalte wenden, an Studierende, an Rentner:innen und andere. Es ist aber auch vieles dabei, was kontraproduktiv ist, wie beispielsweise der Ausgleich der sogenannten kalten Progression – Lindners Lieblingsidee. Warum ist das kontraproduktiv? Weil eine höhere Besteuerung Vermögender oder besonders reicher Haushalte tatsächlich ein sinnvolles Mittel sein kann, um etwas gegen Inflation zu tun. Ich gebe ein Beispiel, welche Auswirkungen die Einführung einer Vermögensteuer oder eine Erhöhung der Einkommensteuer ab einer bestimmten Höhe hätten: Vermögende sparen zwar einen großen Teil ihres Einkommens, aber Vermögende sind auch sehr aktive Konsument:innen. Und sie fragen Dinge nach, bei denen genau die Lieferketten betroffen sind, die aktuell besonders gefährdet sind und die Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft haben. Ein großes SUV-E-Auto beispielsweise enthält so viel Elektronik, dass natürlich die Engpässe an den Märkten für Mikrochips durch eine Erhöhung der Nachfrage nach großen SUV-E-Autos verschärft werden. Eine Maßnahme, die diese Nachfrage nach großen Autos reduzieren würde, hätte als Einzelmaßnahme nur einen kleineren Effekt, würde aber in der Summe mit anderen Dingen durchaus eine Wirkung entfalten. Sie würden diese Art von Steuererhöhungen nicht nur als einen Beitrag zur Umverteilung sehen, sodass der Staat mehr Geld zur Verfügung hat, um ärmeren Schichten in dieser Situation zu helfen, sondern als eine gesetzliche Maßnahme gegen die Inflation? Ein Beispiel ist die Besteuerung von sogenannten Übergewinnen, jetzt Zufallsgewinne genannt. Auch das kann eine
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