Franziskaner - Herbst 2022

37 franziskaner 3|2022 2017 2018 2019 2021 2020 2022 WHO erklärt Covid-19 zu einer weltweiten Pandemie Ende der Mehrwertsteuersatzsenkung und Einführung der CO2-Abgabe Ende des zweiten harten Lockdowns Einführung von Schutzzöllen für europäische Importe in die USA unter Trump Am 24. Februar beginnt der groß angelegte Angriff durch die russische Armee auf die Ukraine Beginn der eingeschränkten Gaslieferungen über Nord Stream 1 positive Auswirkung haben. Sobald ich Zufallsgewinne, also Gewinne, die aufgrund der Krise gemacht werden, besteuere, sinkt auch der Anreiz, diese allgemeine inflationäre Situation auszunutzen, um meine Preise zu erhöhen, auch wenn meine Kosten gar nicht so gestiegen sind. Das darf man nicht unterschätzen. Die Unternehmen nutzen natürlich die Gunst der Stunde und machen dadurch Extragewinne. Wenn sie wissen, dass diese Gewinne wieder wegbesteuert werden, ist der Anreiz, diese Situation auszunutzen, etwas geringer. Das wirkt somit gegen die Inflation. Es gibt also durchaus Instrumente, die mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen, die einerseits etwas gegen Inflation tun, andererseits etwas gegen die Ängste unternehmen, die die Menschen umtreiben. In der Bevölkerung gibt es allerdings die weitverbreitete Befürchtung, dass die Politik nicht wirklich die Kraft hat, diejenigen, die in den letzten Jahren teilweise sehr gut verdient haben, auch an der Bekämpfung der aktuellen Probleme zu beteiligen. Ein weiterer Aspekt sollte aus meiner Sicht berücksichtigt werden: Die Menschen merken, dass ein Teil dieser Inflation, wenngleich ein deutlich kleinerer Teil, tatsächlich mit den Knappheiten zu tun hat, die Folge einer ökologischeren Politik sind. Und deswegen sollten wir jetzt Dinge tun, die etwas gegen die hohe Inflation bewirken können, aber nicht, indem wir jetzt die ökologischen Fragen verdrängen. Im Gegenteil: Sie müssen ins Zentrum gestellt werden. Die schlimmste Maßnahme, die jetzt im Rahmen dieses Pakets beschlossen wurde, ist, den CO2Preis erst mal nicht zu erhöhen. Als Signal ist das vollständig falsch, da wir alle wissen, dass wir den CO2-Verbrauch rasch deutlich reduzieren müssen. Man hätte den CO2-Preis nämlich erhöhen können, wenn man gleichzeitig den Haushalten, die sich das nicht leisten können, entsprechende Kompensation zahlt. Das nicht zu tun, verschärft diese Angst, dass notwendige Klimaschutzmaßnahmen für viele Verarmung bedeuten würden. Was ist von dem Argument zu halten, dass höhere Steuern für vermögende Haushalte oder eine Abschöpfung von Übergewinnen Innovationen blockieren würden und damit insgesamt volkswirtschaftlich kontraproduktiv seien? Dr. Ulrich Klüh ist seit 2015 Professor für Volkswirtschaftslehre am Zentrum für Nachhaltige Wirtschaftspolitik an der Hochschule Darmstadt. Nach seiner Promotion arbeitete er als Volkswirt beim Internationalen Währungsfonds in Washington, D. C. Anschließend wechselte er zum Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und war dort als Generalsekretär tätig. Professor Klüh ist verheiratet, hat drei Kinder und wohnt mit seiner Familie in Hofheim am Taunus. Gerade jetzt muss die Klimapolitik im Zentrum stehen

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=