Franziskaner - Herbst 2022

9 der in vielenMenschen wohnt. Macht in ihrer letzten Dimension öffnet den Raum für das DU, auf den sich das Machthandeln bezieht. was ist macht? Zwei Formen von Macht lassen sich definieren: Zum einen ist sie nach Platon, eine Werdekraft, die allem Sein zugrunde liegt. Was Potenzial besitzt, kann sich entfalten und wachsen, wie eine Pflanze, wie ein Baum. Zumanderen zeigt sichMacht immer in sozialen Bezügen und nimmt durch Kommunikation Einfluss auf das Verhalten eines anderen Menschen. Das Beispiel, das dies am besten verdeutlicht, ist der Einfluss von Eltern auf ihre Kinder. Keine Erziehung geschieht ohneMacht. Das Wort Macht kommt aus dem althochdeutschen mugan und lässt sich auf zwei ähnlich lautende indogermanische Wurzeln zurückführen: 1. mag = kneten, formen und 2. magh = machen im Sinne von können, vermögen, fähig sein. Die erste Wurzel weist auf ein Werkzeug hin. Die zweite Wurzel verweist darauf, dass Menschen, die mit Macht ausgestattet sind, über andere Menschen verfügen können. MaxWeber hat denmodernenMachtbegriff definiert: »Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht.« (Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 1921/22, Kap I, §16) So zu sehen in der aktuellen Politik Russlands gegenüber der Ukraine. »Die Einflussnahme erfolgt mittels möglicher Strafandrohung, wobei auf die Zielpersonen ein unterdrückender Zwang ausgeübt wird, sich zu fügen. Für Personen, die absolute Macht ausüben, ist es nicht erforderlich, ein Kompromiss einzugehen, sollten die Zielpersonen gegensätzliche oder unvereinbare Interessen haben. In diesemFall sind dieweitgehend deckungsgleichen Begriffe Macht und Einfluss voneinander abzugrenzen, mögen die Übergänge auch fließend sein. Die beiden Bedeutungsfelder werden auch als ›Macht über … haben‹ und ›Macht zu tun‹ umschrieben.« (Wikipedia, Macht) Hannah Arendt beschreibt Macht als die Fähigkeit, »sich mit anderen zusammenzuschließen und im Einvernehmen miteinander zu handeln«. Ein Staat löst sich auf, wenn er keine Macht wahrnimmt und es deshalb zu einer Situation von Ohnmacht kommt. Es ist die Macht, »welche die öffentliche Sphäre am Leben erhält«, so Hannah Arendt. Politik und Kultur sind nicht denkbar ohne Personen, die Einfluss haben auf den öffentlichen Diskurs. Macht ist nicht grundsätzlich negativ. Für Platon kennzeichnet sie die Fähigkeit, das Gute und Schöne zu wollen. die schattenseite Macht ist ein heißes Eisen, wenn ihr Maß und Mitte fehlen. Nach Aristoteles pervertiert Macht, wenn sie sich von der Sehnsucht nach dem guten Leben für sich selbst und andere losgesagt hat. Dann kommt es zumMachtmissbrauch, wie wir ihn seit zehn Jahren schmerzlich im Raum von Kirche und anderen gesellschaftlichen Gruppen erleben müssen. Damit es nicht zu einer Perversion von Macht kommt, braucht es nach Aristoteles einerseits die Erziehung zur Tugend und zu moralischer Integrität, andererseits bedarf sie einer ständigen Überprüfung oder externen Kontrolle durch einen institutionellen Rahmen. macht macht dir vieles möglich allmacht vermag fast alles liebe aber Ist nicht machbar machtlos stehst du der freiheit des anderen gegenüber solche ohnmacht nur macht für das du empfänglich Andreas Knapp* t so sein … *aus: Andreas Knapp, Tiefer als das Meer. Gedichte zum Glauben, © Echter Verlag,Würzburg, 6. Auflage 2018, S. 12. macht

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