Franziskaner - Winter 2022

15 franziskaner 4|2022 Interview mit Dr. MelanieWeber-Moritz, Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes, und Sören Bartol, Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen EineZukunftsaufgabe Die Preise für viele Baustoffe sind in den letzten Jahren stark gestiegen, so auch der Preis für Bewehrungsstahl, der imMai 2021 ca. 45 Prozent teurer war als imMai 2020 Wohnraum für alle – bezahlbar und klimaneutral Interview und Bearbeitung: Thomas Meinhardt FrauWeber-Moritz, was ist der neuen Bundesregierung aus Ihrer Sicht beim Thema ausreichender und bezahlbarer Wohnraum bisher gut gelungen? ImKoalitionsvertrag wurden die richtigen Ziele benannt. Das Vorhaben, 400.000 neueWohnungen pro Jahr zu bauen, davon 100.000 geförderte Wohnungen, ist ein sehr wichtiges Ziel, für das auch der Mieterbund lange gekämpft hat. Denn wir brauchen diese Anzahl neuer Wohnungen, umden Bedarf vor allem in den Städten decken zu können. Mehr gewünscht hätte ich mir beimMietrecht. Hier brauchen wir eine stärkere Regulierung der Mieten, denn die Mieten steigen immer noch stark an und werden für viele Menschen kaum noch – oder gar nicht mehr – bezahlbar. Herr Bartol, wo liegen aus Ihrer Sicht in den nächsten Jahren die größten Herausforderungen beimThemaWohnen? Durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine haben wir in Deutschland bis jetzt über eine Million Geflüchtete aufgenommen. Die Angriffe gegen die ukrainische Energie- und Stromversorgung zum beginnenden Winter und die Zunahme vonGeflüchteten aus anderenWeltregionenwerden voraussichtlichdazu führen, dassweitereMenschen inDeutschland aufgenommen werden müssen. 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr dürften von daher eher amunteren Rand des Mindestbedarfs liegen. Wir haben ein Riesenproblem in den urbanen Räumen und den Studierendenstädten, wo die Mietpreise oft explodiert sindund viel zuwenigWohnraumzur Verfügung steht. 400.000 neueWohnungen pro Jahr dürften von daher eher amunteren Rand des Mindestbedarfs liegen. In bestimmten ländlichen Regionen gibt es hingegen größere Leerstände. Neue Wohnungen werden also insbesondere in den urbanen Räumen benötigt. Wir tun alles dafür, um die 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr zu erreichen, obwohl die Rahmenbedingungen zurzeit schwierig sind: Dazu zählen die steigenden Zinsen, die die Bautätigkeit erheblich verteuern, die explodierenden Strom- und Heizkosten, die Inflation, die schon durch die Covid-19-­ Pandemie immer wieder gestörten Lieferketten, … Zudem müssen wir viel Baulandmobilisieren und haben das Problem, das wir eigentlich nicht mehr Flächen versiegeln und in Anspruchnehmen dürfen, umdie absolut notwendigenKlimaziele erreichen zu können. Es muss unser Anspruch als Koalition sein, diesen Widerspruch aufzulösen, um die sozialen und ökologischen Ziele nicht gegeneinander auszuspielen. FrauWeber-Moritz, ist aus Ihrer Sicht das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr überhaupt realistisch zu erreichen? Und ist das überhaupt ein sinnvolles Ziel, wenn doch die Mieten für einen Großteil dieser Neubauwohnungen für die meisten Menschen gar nicht bezahlbar sind? Aus unserer Sicht müssen diese notwendigen Neubauwohnungen bezahlbar sein. Natürlich sehen wir auch die Probleme, die Herr Bartol benannt hat. Wir befinden uns in einer Zeit, in der die Kosten für das Bauen stark steigen. Und natürlich werden diese Kostensteigerungen besonders von den © countrypixel – picture-alliance.com

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=