Franziskaner - Winter 2022

franziskaner 4|2022 Eine Bleibe für die Eltern schwer kranker Kinder Etwa 150.000 Kinder und Jugendliche sind in Deutschland so krank, dass sie eine Pflegegradeinstufung haben. In der Regel werden sie zu Hause versorgt. Wenn kranke Kinder ins Krankenhaus müssen, sind die Eltern vor besondere Hausausforderungen gestellt. Als Seelsorger im »Dr. von Hauner‘schen Kinderspital« in München erlebte der Franziskaner Michael Först oft, dass sich Eltern der meist schwer kranken Kinder kein Hotel in der Münchner Innenstadt leisten konnten. Er zog aus dem Kloster St. Anna aus und bezog eine kleine Wohnung gegenüber der Klinik. Dort beherbergte er ab 1985 Eltern von kranken Kindern. Die Idee lebte weiter, und die heutige Stiftung Omnibus unterhält 20 Zimmer, in denen pro Jahr 8.100 Eltern eine kostenlose Unterkunft auf Zeit finden. Die Möglichkeit, an den Mahlzeiten der Mitarbeitenden teilzunehmen, entlastet sie zusätzlich. Weiterhin ist eine seelsorgerische Betreuung durch die Brüder vor Ort gegeben. 33 www.omnibus.franziskaner.net »… und hat unter uns gewohnt« programme wie Smart Cities, »lebendige Zentren und Innenstädte«, die energetische Stadtsanierung oder das bereits erwähnte Programm »Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel«. Unsere Städte waren schon immer Experimentierräume für neue Formen des Zusammenlebens, und wir hatten auch immer schon sozial differenzierte Wohngebiete. Problematisch wird es dann, wenn diese nicht mehr durchlässig sind, weil die aufgerufenen Mieten eine soziale Mischung nicht mehr ermöglichen. Es kommt also in den Kommunen darauf an, die Entwicklung in den Quartieren immer im Auge zu behalten und erkannte Missstände dann auch zu beheben. Stadtentwicklungsprogramme, die den sozialen Zusammenhalt zumZiel haben, betreffen nicht nur Großstädte, 50 % der Fördermittel der Städtebauförderung fließen an kleinere Städte und Gemeinden. Es ist also ein Programm, was die ganze Breite des Landes bedient und parteiübergreifend als erfolgreiches Projekt gilt. Es wird jetzt um das Thema »Anpassung an den Klimawandel« weiterentwickelt. Was ist Ihnen bei der Stadtentwicklung wichtig, Frau Weber-Moritz? In diesem Kontext möchte ich noch mal für die Mietpreisbegrenzung plädieren. Denn die Mietenentwicklung spielt natürlich eine entscheidende Rolle, ob eine soziale Durchmischung in den Kommunen gelingen kann. Es wird Folgen für das Leben in einer Stadt haben, wenn Polizist:innen, Pflegekräfte, Erzieher:innen…, die sich Kaltmieten von 15 oder 16 Eurowirklich nicht leisten können, in Regionen abwandern, wo das Leben noch deutlich günstiger ist. Besonders bezogen auf den Klimaschutz brauchen wir aus meiner Sicht auchQuartierslösungen. Das betrifft Themenwie kommunaleWärmeplanung, serielles Sanieren, Dachbegrünung undmehr. Wirmüssen sehr viel stärker in solchen kleinteiligen Maßnahmen inQuartieren und Stadtteilen denken, damit wir diese Maßnahmen auch umsetzen können. Dazu gibt es aus sozialen und klimapolitischenGründen, aber auch bezogen auf die Lebensqualität der Menschen gar keine Alternative. Solche Quartiers- oder Stadtentwicklungsprogramme brauchen das Zusammenwirken vieler Akteure und insbesondere auch die Beteiligung der örtlichen Bevölkerung. Ist dies angesichts der notwendigenGeschwindigkeit derUmsetzung eine zu große Herausforderung, Herr Bartol? Wir sprechen hier ja nicht über irgendwelche Stadtentwicklungskonzepte, sondern über eine sozial integrierte Stadtentwicklung. Hier wird als Fördervoraussetzung ein integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept definiert. Kommunale Parlamente, Verwaltungen, lokale Akteure wie Wirtschaftsunternehmen, Organisationen aus der Zivilgesellschaft und Bürgerinnen und Bürger müssen sich gemeinsamauf denWeg machen und definieren: Wie wollen wir unser Quartier, unserer Stadt in Zukunft entwickeln? Ja, hier eine wirkliche Partizipation zu erreichen, ist nicht immer leicht. Aber ich kenne eine Vielzahl von Beispielen, wo es bis hin zur eigenständigen Budgetverwaltung, auch mit ergänzenden Mitteln der Europäischen Union, gelungen ist, nachhaltige und zukunftsfähige Entwicklungen auf denWeg zu bringen. Auf der Website unseresMinisteriums findet sichunter demProgramm »Sozialer Zusammenhalt« eine Reihe von Best-Practice-Beispielen, die aufzeigen, wo und wie die Partizipation vieler Akteure gut gelungen ist. Dennoch gibt es natürlich auchBeispiele, wo Bürgerbeteiligung dazu geführt hat, dass der Wohnungsbau eher erschwert wurde, weil man eine bestimmte Bebauung nicht in seinem Umfeld haben wollte. Und es gibt auch Situationen, wo es Konflikte beispielsweise zwischen Verdichtung und notwendigen Grünflächen gibt. Hier brauchen wir intelligente und kreative Lösungen, die Menschen überzeugen. Denn klar ist auch, wir brauchen dringend den Wohnraum – auch für die Menschen, die gerade vor Kriegen zu uns flüchten oder die durch ihre Kompetenz und Erfahrung, Leerstellen bei unserer Fachkräftesicherung füllen. Offensichtlich ist auch, dass wir Entscheidungen viel schneller als bisher umsetzen müssen. Das erleben wir auch beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Wenn wir eine Chance haben wollen, die wichtigsten Probleme zu lösen, müssen wir schneller werden!

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