Franziskaner - Winter 2022

© stockbusters – stock.adobe.com Geistlicher Wegbegleiter – März 2023 Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt, und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Die Situation Bei der ersten Begegnung mit dem Auferstandenen war es noch die Angst, und aus Angst hatten die Jünger die Türen verschlossen. Diese Angst durchbricht der Auferstandene mit seinem Friedensgruß. Aber die Jünger sind nicht vollzählig. Thomas fehlt und erfährt aus den Erzählungen der anderen, dass Jesus sich ihnen gezeigt hat. Aus Skepsis, Neid oder Ablehnung wählt er die Worte, die uns so geläufig sind: Wenn ich meine Hände nicht in seine Seite lege … Acht Tage später ist Thomas dabei. Jesus geht eins zu eins auf Thomas‘ Bedingungen ein, die er stellt, um glauben zu können. Er lädt ihn ein, die Hand in seine Seite und die Finger in seine Wunden zu legen. Die Begegnung mit dem Auferstandenen führt zu Thomas‘ Credo: »Mein Herr und mein Gott!« Die Wunden Und wieder überrascht Jesus mit seiner Körperlichkeit. Wunden anschauen oder gar berühren fällt uns nicht leicht. Sie sind Zeichen unserer Verletzlichkeit, sie sehen meistens nicht gut aus, können eitern und riechen. Wunden bilden Narben. »Wunden zeigen« ist das eine, und wir erschauern ein wenig. »Wunden berühren« ist das andere, und das setzt eine große Nähe der Beteiligten voraus. Jesus lässt sich an seinen Wunden berühren – und erkennen! Thomas sieht Jesus. Er sieht seine Wunden und berührt sie. Die Wundmale an Händen, Füßen und der Seite werden für Thomas zu Erkennungszeichen. Er, der als Einziger der Jünger eine Bedingung für den Glauben formuliert, bekennt auch als Einziger: »Mein Herr und mein Gott!« Thomas begegnet dem Auferstandenen Johannes 20,26–28 Was mir entgegenkommt Am »ersten Tag der Woche« ist Thomas dabei imKreis der anderen. In Gemeinschaft machen sie Erfahrungen mit dem lebendigen Jesus. Das ist die erste Definition von »Kirche«: der Ort, an dem wir den Auferstandenen erfahren. Glauben ist nur in der Gemeinschaft der Gläubigen möglich. Dass Jesus der Messias ist und ich in ihm das Leben habe, kann ich nur erfahren und glauben in der Gemeinschaft der Glaubenden, die sich Sonntag für Sonntag versammelt. Davon ist der Evangelist Lukas überzeugt. Von hier aus erhalten die Jünger die Kraft, hinauszugehen und in Wort und Tat von der Liebe Gottes Zeugnis zu geben und Sorge zu tragen für die Notleidenden der Welt. Thomas ist die Brücke zu uns. Thomas wird vom Berührenden zum Berührten. Er sah und glaubte. Heute sind wir damit gemeint. Wie sehr möchte ich ein vom Auferstandenen Berührter sein und mein ganz persönliches Credo sprechen können!

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