Franziskaner - Winter 2022

31 franziskaner 4|2022 Hinweis auf Jubiläumsjahr 2021 und 2022 begehen wir das Festjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«. Im Jahr 321 hat der römische Kaiser Konstantin ein Gesetz erlassen, das Juden gestattete, städtische Ämter in der Verwaltung Kölns zu übernehmen. Verbunden mit dem Jubiläumsjahr ist die ökumenisch verantwortete Kampagne »#beziehungsweise – jüdisch und christlich: näher als du denkst«. >> www.juedisch-beziehungsweise-christlich.de Dr. Johannes Roth OFM Sowohl das Judentum als auch das Christentumkennen einRitual des Erwachsenwerdens und des stärkerenHineinwachsens in den Glauben, das keine biblischenWurzeln hat. Zu diesem Ritual gehören Zeichenhandlungen, mit denen die zivile und religiöse Mündigkeit zum Ausdruck gebracht wird. Im Judentum gelten Mädchen mit 12 und Jungenmit 13 Jahren als erwachsen undmündig. Sie sind nun selbst in der Lage, Verantwortung für ihr eigenes religiöses Leben sowie die Erfüllung der Gebote vor Gott und den Menschen zu übernehmen. Von diesem Zeitpunkt an werden sie als »Bar Mitzwa« bzw. »Bat Mitzwa« betrachtet und sind selbst verantwortlich für das Halten der Gebote. Erst seit demMittelalter begehen Jungen den Beginn dieser neuen Lebensphase mit einer Zeremonie, zu der das Rezitieren der Torah imGottesdienst, ein Lehrvortrag und das Anlegen der Tefillin – der Gebetsriemen – gehören. Sie werden von nun an auch zumMinjan (»Zählung«) gerechnet. Denn für bestimmte Gebete und Rituale sind zehn Männer notwendig, damit sie stattfinden können. Für Mädchen bildeten sich erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts verschiedene Formen der Feier der Bat Mitzwa heraus. Die Vorbereitungen für die Bar Mitzwa wie auch für die Bat Mitzwa dauern je nach Vorwissen und Erfahrung ein bis drei Jahre. ImGottesdienst legen der Junge oder das Mädchen zum ersten Mal ihren Tallit – ihren Gebetsschal – an und tragen den Wochenabschnitt der Torah vor. Dazu kommt noch die Haftarah, die Prophetenlesung, in Hebräisch oder in der jeweiligen Landessprache. Es folgt eine kurze Predigt. Manchmal wird auch ein Teil des Gottesdienstes von ihnen vorgebetet. Anschließend gibt es noch den Kiddusch, einen festlichen Imbiss in der Gemeinde. Die Feier wird danach im privaten Rahmen mit Familie und Freund:innen fortgesetzt. In der römisch-katholischen Kirche ist die Firmung das Sakrament derMündigkeit. Die Firmlinge empfangen dabei denHeiligenGeist durchGebet und Salbung, in der Regel durch einen Bischof. Sie sind bereit, sich selbst mit ihren Charismen in den Dienst für Gott und dieMenschen zu stellen. Dabei werden sie von ihren Firmpat:innen unterstützt. Dies findet seinen Ausdruck darin, dass diese ihre Hand auf die Schulter der Jugendlichen legen. Damit verbunden ist auch die Einladung zum christlichen Zeugnis in der Welt und zurMitarbeit in der Gemeinde. In der evangelischen Kirche bekräftigen junge Menschen ihre Aufnahme in die christliche Gemeinde durch die Konfirmation. Während der Vorbereitungszeit lernen sie die Grundlagen des christlichen Glaubens kennen, üben sich in christliche Spiritualität ein und engagieren sich imGemeindekontext. Nach dem Fest der Konfirmation sind sie eingeladen, ihren Weg des Glaubens in der Gemeinschaft weiterzugehen und sich mit ihren Gaben und Fähigkeiten in der Gemeinde einzubringen. Sowohl bei Bar Mitzwa wie Bat Mitzwa als auch bei Firmung und Konfirmation übernehmen Jugendliche Verantwortung undwerden erwachsen. Dabei werden Traditionen neu mit Leben gefüllt und der Glauben gefeiert: in der Synagoge wie auch in der Kirche. Es ist immer ein Fest für alle Generationen!

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=