Franziskaner - Frühling 2023

25 FRANZISKANER 1|2023 © EDUARDI DUTRA – UNSPLASH.COM; VÖGEL © BIROL – STOCK.ADOBE.COM Beten – etwas Verstaubtes, Antiquiertes? Etwas, das nur in Kirchen gehört? Etwas für die Frommen? Oder etwas Vertrautes? Gelerntes? Positiv Erfahrenes? Oft gleichgesetzt mit Ritualen, alter Sprache, Worthülsen, Theologie, Unverständlichkeiten. Oft befragt: Was hat das mit meinem Leben zu tun? Beten ist etwas Freies. Und es ist gebunden an Überlieferung und Liturgie. Auch die Jünger scheinen unbeholfen und bitten Jesus: »Lehre uns beten.« So als hätten sie es noch nicht probiert. Jesus gibt ihnen als Gerüst das »Vaterunser« mit, in dem die Grundanliegen des Menschen, seine Bedürftigkeit und sein Mensch-werden-Können zum Ausdruck gebracht werden. Im religiösen Kontext geht man davon aus, dass es die Spezialist:innen gibt, die, die beten können, die es dürfen, die es ins Wort bringen. Beten jedoch ist etwas, was über jede Lippe kommt. Mal erlernt, mal spontan, mal ungefiltert. Es ist die Beziehungsaufnahme zu einem Gott, den ich nicht fassen kann, der sich mir entzieht. Beten wird zu einem Wort-Suchen, dazu mein Leben zu buchstabieren jenseits von erlaubter oder genehmer Sprache. Dass Gebete unsere Sprache sprechen, modern sein können und äußerst aktuell, dies wollen wir mit den Betrachtungen von Gebeten unterschiedlicher Beterinnen und Beter zeigen. In dieser ersten Ausgabe des »Franziskaner« 2023 stelle ich Gebete von Elsbeth Schneider vor, die sie in einem Buch mit dem Titel GESPRÄCHE 1995 veröffentlicht hat. Wenn man sich in diese Gebete hinein vertieft, nimmt man wie im Nebel erst einmal keine klaren Konturen wahr. Man muss auf Distanz gehen. Dann findet sich plötzlich in diesen »Gesprächen« mein eigenes Leben wieder, mein Suchen und Fragen, Hoffen und Bangen. Uralte Bilder stellen sich ein und führen mich zum Grund des Glauben-Könnens. Andreas Brands OFM Die Gebete von Elsbeth Schneider sind entnommen dem Buch GESPRÄCHE, Z-Verlag, mit freundlicher Abdruckgenehmigung des Verlags. Seiten 85ff.; 71ff.; 83ff.

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