Franziskaner - Frühling 2023

34 FRANZISKANER 1|2023 Franciscans International (FI) ist eine Organisation der weltweiten »Franziskanischen Familie« und hat einen allgemeinen Beraterstatus bei den Vereinten Nationen. Die Nichtregierungsorganisation unterhält Büros in Genf und New York und hat Zugang zu allen wichtigen UN-Gremien. Als Anwältin für Menschenrechte bringt FI Anträge ein und unterstützt Angehörige benachteiligter Gruppen, ihre Anliegen direkt vor den zuständigen UN-Gremien zu vertreten. www.franciscansinternational.org Ein vergessener Konflikt im Norden Mosambiks Im Frühjahr 2021 geriet Mosambik in die internationalen Schlagzeilen, als Aufständische – scheinbar aus dem Nichts – eine Ölanlage in der nördlichen Provinz Cabo Delgado angriffen, wobei Dutzende von Menschen getötet wurden. Damit wurde die größere Dimension eines gewaltsamen Konfliktes offensichtlich, der zwar schon mehrere Jahre andauerte, aber von der mosambikanischen Regierung weitgehend mit einer Nachrichtensperre auch im Lande selbst bagatellisiert wurde. Die dahinterstehende Absicht, internationale Investoren und Tourist:innen nicht zu verschrecken sowie die Überforderung der staatlichen Sicherheitskräfte und das Versagen bei der Lösung der Ursachen für diesen gewaltsamen Konflikt zu vertuschen, scheiterte. Die mosambikanische Regierung musste Truppen der SADC, der südostafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft, und Ruandas zu Hilfe rufen. Nachdem nach einem Jahr die islamistischen Aufständischen zunächst zurückgeschlagen werden konnten, ermahnte der südafrikanische Oberbefehlshabers Rudzani Maphwanya im April 2022 die mosambikanische Regierung, für die regionale und mehrheitlich muslimisch zusammengesetzte Bevölkerung künftig bessere Existenzbedingungen herbeizuführen. Es gelte nun Voraussetzungen zu schaffen, dass die Menschen die Dinge des Alltags wieder in die eigene Hand nehmen können. Allein das militärische Vorgehen reiche nicht aus, um den Krisenverhältnissen dieser Provinz langfristig und wirkungsvoll zu begegnen. Der Fluch des Reichtums an begehrten Bodenschätzen Auch für Schwester Lucia, Provinzialministerin der Franziskaner-­ Missionarinnen Mariens in Mosambik, liegen die Ursachen für die Kämpfe in Cabo Delgado vor allem in den strukturellen Ungleichheiten der Region. Die Gegend ist reich an Bodenschätzen wie Rubin, Grafit, Gold und Holz, aber die dort lebenden Menschen haben davon nicht profitiert: Sie ist nach wie vor eine der ärmsten Provinzen Mosambiks. Als vor einem Jahrzehnt große Gas- und Ölvorkommen entdeckt wurden, verschärfte dies das Problem nur noch weiter. Die Versprechungen der Regierung und der Unternehmen, dass die lokale Bevölkerung vom Reichtum eines der größten Gasprojekte Afrikas profitieren würde, wurden schnell gebrochen. Stattdessen wurden die Menschen von ihrem Land vertrieben. Oft wurden sie mit kleineren Parzellen entschädigt, die weit weg vom Meer liegen, von dem sie für ihre Ernährung und ihr Einkommen abhängig sind. In ihrer Verzweiflung haben einige zu den Waffen gegriffen und sich dem Aufstand angeschlossen. »Es ist sehr schwierig für einen Menschen, der sich mit seiner Familie ein Leben aufgebaut hat, plötzlich seine Sachen zu packen und zu gehen. Dennoch haben viele keine Wahl mehr: Seit dem Ausbruch der Kämpfe im Jahr 2017 wurden über 4.000 Menschen getötet und mehr als eine Million vertrieben, viele flohen in die benachbarte Provinz Nampula«, sagt Schwester Lucia. Obwohl der Konflikt von der Regierung zunächst heruntergespielt wurde, wurden die Franziskaner-Missionarinnen schnell mit der Realität konfrontiert. »Viele Menschen kamen, mit geschwollenen Füßen – Kinder manchmal ohne Kleidung –, ohne irgendetwas, weder zum Essen noch zum Anziehen.« Daraufhin beschlossen die Schwestern, so viel materielle und geistliche Unterstützung wie möglich zu leisten. Franziskanerinnen bringen die Probleme vor die UN Angesichts der Vielzahl von Herausforderungen – interne Vertreibung, anhaltende Gewalt, mächtige Wirtschaftsinteressen und zunehmend die Folgen des Klimawandels und der Umweltzerstörung – wenden sich die Franziskanerinnen in Mosambik auch an die Vereinten Nationen, um diese Probleme anzugehen. Im Mai 2021 empfingen die Schwestern eine Delegation von Franciscans International, um in einem von Franciscans International angebotenen Workshop gemeinsam zu erarbeiten, wie sie die Situation der Binnenvertriebenen, von denen viele in provisorischen Lagern leben, in den Menschenrechtsforen der Vereinten Nationen zur Sprache bringen können.

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