Franziskaner - Frühling 2023

41 FRANZISKANER 1|2023 auf eine agrarökologische Landwirtschaft zu gewährleisten. Dadurch wird die Abhängigkeit von teuren Düngemittelimporten verringert und die Bodenqualität verbessert. Und dies kann am erfolgreichsten mit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern realisiert werden, die in den meisten dieser Länder noch immer einen Großteil der Lebensmittel produzieren und Garant:innen für die regionale Ernährungssicherheit sein können. Hier geht es bei der Beratung darum, traditionelles Wissen und neuere Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung zusammenzubringen und produktive und nachhaltige Systeme zu unterstützen, die vor allem die Menschen im regionalen Umfeld versorgen. Und es geht um die Vielfalt der Feldfrüchte, besonders die Förderung regional bekannter und erprobter Lebensmittel. Auch das ist mit kleinbäuerlichen Betrieben viel besser als mit Agrarkonzernen zu verwirklichen. Weitere wichtige mittel- bis langfristige Maßnahmen wären auch die Stärkung kleinerer einheimischer Betriebe, damit sie in der Konkurrenz zu internationalen Großkonzernen ihre Marktbedingungen verbessern können, weil nur so in den einzelnen Staaten eine nachhaltige industrielle Basis und Dienstleistungsstrukturen entstehen können, um Armut dauerhaft zu überwinden. Welche besonderen Erwartungen haben Sie in diesem Zusammenhang an die Bundesregierung? Die Bundesregierung sollte über die WTO (Welthandelsorganisation) Maßnahmen unterstützen, die es Ländern ermöglicht, ihre Märkte in einem gewissen Umfang zu schützen, also beispielsweise Getreidevorräte anlegen zu können, um sich gegen Ernteausfälle und große Preisschwankungen wappnen zu können. Dabei geht es nicht darum, internationalen Handel zu unterbinden, sondern dafür Vorsorge zu tragen, dass die Handelsbestimmungen die regionale Produktion nicht zerstören. Es ist auch Aufgabe der Politik, das Ernährungssystem so zu gestalten, dass die realen Kosten unseres Konsums sich auch im Preis niederschlagen. Die realen Energiekosten und die Umweltfolgekosten sollten nicht subventioniert und auf die Allgemeinheit abgewälzt werden. Das wäre ein wichtiger Schritt zu mehr Suffizienz, also zu einem sparsameren Umgang mit unseren Ressourcen, und zur Verbesserung der Produktqualität. In diesem Zusammenhang ist auch die Reduzierung unseres Fleischkonsums zu nennen. Was kann Misereor tun, um die von Ihnen skizzierten Zielvorstellungen zu befördern? Der Kern unserer Arbeit ist die Unterstützung der Initiativen unserer Partner im globalen Süden. Die entscheidenden Ideen entstehen vor Ort und werden dort umgesetzt. Hier unterstützen wir den Rahmen für diese Ideen, etwa im Versuch auf die Bundesregierung einzuwirken. Positiv kann gesagt werden, dass es derzeit mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bezüglich solcher Fragen durchaus gute Kontakte und Gespräche gibt. Allerdings wirken dort natürlich auch andere Lobbygruppen mit gänzlich anderen Interessen, und so geht vieles oft nur langsam voran. Ein Ansatzpunkt ist auch, kirchliche Verbände und Gemeinden zu ermutigen, sich in diesen Fragen an ihre Bundestagsabgeordneten zu wenden und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Es ist wichtig, dass Menschen diese Sorge um das weltweite Gemeinwohl, um das geschwisterliche Zusammenleben mit allen Menschen, aber auch mit unserer natürlichen Umwelt, wie es Papst Franziskus in seinen Enzykliken eindrücklich formuliert hat, gegenüber politisch Verantwortlichen zum Ausdruck bringen. Nur so wird deutlich, dass Lobbygruppen, die nur ihre kommerziellen Interessen lautstark formulieren, nicht unbedingt für alle oder auch nur für einen Großteil der Bevölkerung sprechen. Weitere Informationen >> www.misereor.de Durch Schulungen in agrarökologischer Landwirtschaft und die Stärkung der Rolle der Frauen gelingt es Kleinbauern wie hier in Thyolo in Malawi, die Ernährung auf dem Land in verschiedenen Teilen Afrikas zu sichern © YJÖRG BÖTHLING – BROT FÜR DIE WELT

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