Franziskaner - Frühling 2023

45 FRANZISKANER 1|2023 Wochen immer wieder. Er war christlich erzogen, hatte den sonntäglichen Kirchgang aber eher als Pflicht empfunden, Jesus aber faszinierte ihn durchaus. Die Idee der »Suche nach sich selbst durch Meditation« ließ ihn nicht los, und bald meldete er sich zu einem Kurs an. Zen-Meditation als »Live Changer« Hinterher, als alle schon längst gegangen waren, saß er noch alleine im Meditationsraum. Die tiefe Glaubens- und Gotteserfahrung, die er hier in den letzten Tagen erlebt hatte, überwältigte ihn. Es war der 25. Januar, der Gedenktag der Bekehrung des Saulus zu Paulus – wie passend! Georg hatte vor Freunden immer schlecht über die Kirche gesprochen und Klassenkameraden, die Messdiener waren, beleidigt. Und nun saß er hier im Kloster in Dietfurt, erfüllt von innerem Frieden. Nach einem Gespräch mit den Franziskanern durfte er noch eine Woche länger bleiben. Und dann noch eine und dann noch eine. Georg wollte nicht mehr in sein altes Leben in die laute, verrauchte Kneipe zurück. Passenderweise hatten die Franziskaner ein Programm für ein Klosterleben auf Zeit, und er durfte bleiben, während er sich in Haus und Garten nützlich machte. Die Spiritualität des heiligen Franziskus mit seiner friedfertigen Art und seiner Liebe zur Natur sprach Georg an. Er war glücklich. »Aus dem Klassenkasper wird ein Mönch?«, lästerten seine Freunde. »Nie im Leben!« Im Herbst des gleichen Jahres trat er in das Noviziat ein. Im Orden arbeitete Bruder Georg dann in den kommenden Jahren als Gärtner und Krankenpfleger in Dietfurt, München und Pfreimd. In seiner Freizeit begann er, sich im Laufe der Jahre selbst Zaubertricks beizubringen, und trat damit auf Kindergeburtstagen auf. Er liebte die Arbeit mit Kindern und engagierte sich auch in der Kinderkatechese der Gemeinde. Die Liebe seines Lebens Die Liebe zum Tanzen entdeckte Georg mit Mitte 30, als er gerade selbst an seiner Berufung zum Franziskaner zweifelte. Durch seine Zauberkunststücke hatte er sich im Orden den Ruf eines Spinners und Sonderlings erworben. Und wieder durfte er erfahren: »Gott hilft spätestens rechtzeitig!« Bei einem Kindergottesdienst sangen die Kinder einen Kanon und machten einfache Tanzschritte dazu. Georg war plötzlich fasziniert, wie die Kinder in der Bewegung, in der Musik und im Tanz miteinander verbunden waren. Er erzählte dies einem Mitbruder, der ihm kurzfristig die Teilnahme an einem Kurs vermittelte – bei Gabriele Wosien, der Grande Dame des Sakralen Tanzes. Georg erinnert sich heute belustigt an seinen ersten Kurs, wie er als Neuling durch den Tanz stolperte. Er war der einzige Mann unter 32 Frauen, kam hinten und vorne nicht klar, empfand aber eine riesige innere Freude dabei. So begann er regelmäßig die Kurse zu besuchen und eine Ausbildung in Sakralem Tanz zu absolvieren. »Tanzen ist Teufelszeug!«, sagte ihm eines Tages ein alter Mitbruder. »So etwas machen wir hier nicht!« Georg war verunsichert. Er liebte das Tanzen. Es war Gebet für ihn geworden. Intensiver noch als in der Meditation spürte er hier die Nähe Gottes. Wie konnte der Bruder das verdammen? Im Chorgebet wurde er plötzlich hellwach, als sie in Psalm 30 die Stelle lasen: »Da hast du mein Klagen in Tanzen verwandelt und mir das Trauergewand ausgezogen und mich mit Freude umgürtet!« Wow, welche Entdeckung! In den alten Psalmversen, die er täglich mit der Gemeinschaft betete, fand er plötzlich einen Zugang, eine Rechtfertigung für seine Begeisterung: Gott verwandelt klagen in tanzen! Gibt es da noch mehr solche Psalmstellen?, fragte er sich. »Lobsingt und tanzt dem Herrn ... Schließt euch zusammen zum Reigen ... Dankt dem Herrn mit Tanz ... Greift voll in die Saiten und jubelt laut!« Ja! Die Psalmen stecken voll von Musik, Freude und Tanz. Georg hat seinen Weg gefunden. Tanzen ist für ihn heute ganz selbstverständlich, ein ganzheitliches Beten, eine Begegnung mit Gott. Wie in einer Litanei wiederholen sich ständig Melodie, Gesang und Tanzschritte. Wie in einer Litanei lädt dies ein in Trance zu kommen. Die Gruppe tanzt dabei in Gemeinschaft. Man nimmt sich gegenseitig wahr, achtet sich und gibt sich Raum. Beim Tanz im Kreis gibt es keine Rangordnung, kein Oben und Unten, kein Hinten und Vorn. Tanzen ist Harmonie. Im Tanz kommt die Seele durch. Sakraler Tanz ist heilende Kraft. Das Schönste, was wir mit Gott tun können, ist: tanzen. Übrigens … Überwiegend Frauen kommen zu Bruder Georg und seinen Kursen in Sakralem Tanz nach Dietfurt. Er freut sich aber auch sehr über jeden Mann, der den Weg findet! Herzlich willkommen im Meditationshaus St. Franziskus! >> www.meditationshaus-dietfurt.de

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