Franziskaner Mission 1 | 2020

Wahlbeobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatten bedeutende Unregelmäßig- keiten bei Morales‘ vierter Wahl am 20. Oktober 2019 festgestellt. Es kam zu gewalttätigen Unruhen. Schließlich trat Morales zurück und flüchtete ins Exil nach Mexiko. Nach turbulenten Wochen hat sich die Situation im Land mittlerweile weitgehend beruhigt. Die Menschen warten mit Spannung auf die anstehenden Neuwahlen im Mai 2020. Angst um Demokratie Evo Morales hat das Leben sehr vieler armer Men- schen in Bolivien entscheidend verbessert. Insbeson- dere der indigenen Bevölkerungsmehrheit hat der ehemalige Gewerkschaftsführer aus dem Volk der Aymara ein bis dahin nicht gekanntes Selbstbewusst- sein und Selbstwertgefühl gegeben. Unter Morales verstaatlichte das bitterarme Land das Gasgeschäft TEXT: Alfons Schumacher ofm | FOTOS: Aurelio Pesoa Ribera ofm Unruhige Zeiten Jüngste politische Entwicklung Boliviens Evo Morales war der erste indigene Präsident in der Geschichte Boliviens. Der ehemalige Anführer der Kokabauern ist eine Symbolfigur der latein-amerikanischen Linken. Er regierte Bolivien von 2006 bis zu seinem Rücktritt 2019. und nutzte die Einnahmen zum Ausbau der Infra- struktur. Umso tragischer ist es, dass er, anstatt wie von der Verfassung vorgesehen, es versäumt hat, nach zwei Amtszeiten eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger in seiner Partei »Movimiento al Socialismo« (MAS) aufzubauen. Zudem fehlte es an einer strategischen, internationalen Wirt- schaftspolitik, die darauf abzielt, das Leben der vielen Armen nachhaltig zu verbessern. »Beispiels- weise unterstützt die deutsche Bundesregierung vor allem Wirtschaftsunternehmen dabei, mit den Reichen der lateinamerikanischen Länder lukrative Verträge über die Ausbeutung von Bodenschätzen abzuschließen«, kritisiert Pater Michael Heinz Pohl SVD, der selbst zehn Jahre als Priester in Bolivien tätig war und heute Hauptgeschäftsführer des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat ist. 14

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