Franziskaner Mission 2 | 2020

Liebe Leserinnen, liebe Leser! Franziskus von Assisi dichtete in seinem Sonnen- gesang: »Gelobt seist Du, mein Herr, durch Schwester Wasser .« Für den Patron der Umwelt- schützenden sind alle Geschöpfe in einer univer- salen Geschwisterlichkeit miteinander verbunden. Aus unserer Schulzeit wissen wir, dass H 2 O Wasser bedeutet. Wir Menschen bestehen sogar zu etwa 70 Prozent aus Wasser. Es ist in der Weltvorstellung der Antike neben Erde, Luft und Feuer eines der vier Hauptelemente der Schöpfung. Auf der Suche nach anderen bewohnbaren Erden im All spielt die Existenz von H 2 O eine entscheidende Rolle. Aber diese Hoffnung auf alternative Lebensorte darf uns nicht daran hindern, alles von Gott Geschaffene zu achten und zu bewahren. Aber die Chemie zwischen uns Menschen und dem lebenswichtigen H 2 O stimmt oft nicht mehr. Anstatt zu schützen und zu bewahren, gräbt der Mensch sich mehr und mehr selbst das Wasser ab. Niemand von uns kann behaupten: »Das habe ich nicht gewusst.« Die Medien sind voll von Hiobsbotschaften. Exzessiver Einsatz von Düngemitteln zerstört Quellgebiete, vergiftet Grundwasser und verseucht die Flüsse. Trink- wasser wird verunreinigt. Wasser ist bereits eine lukrative Handelsware. Niederschläge bleiben aus aufgrund systematischer Abholzung der Regen- wälder. Dürreperioden sind so mehr und mehr menschengemacht. All diese Beispiele zeigen, dass unsere Schwester Wasser heute ein vom Menschen bedrohtes Element ist. Wir möchten uns die Wichtigkeit von Wasser als unverzichtbarem Lebenselement durch die Beiträge dieser Ausgabe neu vor Augen führen. Einführend wird dargestellt, dass Wasser in allen großen Religionen als Quelle des Lebens gilt. Das franziskanische Charisma spricht von »Schwes- ter Wasser – demütig und keusch, nützlich und kostbar«. In vielen unserer Partnerprojekte weltweit spielt die Sorge um Wasser eine große Rolle. Die Corona-Pandemie lenkt den Blick auf prekäre Wasserversorgung in den Elendsvierteln unserer Welt. Vielerorts, wie zum Beispiel in Bolivien und Brasilien, entstehen Selbsthilfegruppen oder lokale Kleinprojekte, die sich für eine gerechtere Versor- gung mit Wasser einsetzen. Der »Franziskanische Dienst für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung« hat dieses Anliegen in allen Kontinenten als vorrangigen Schwerpunkt. Unsere Schwestern und Brüder zum Beispiel in Ruanda, Uganda und Vietnam lassen keinen Zweifel daran: Erst Wasser macht Leben möglich! 2010 erklärten die Vereinten Nationen das Recht auf sauberes Wasser als grundlegendes Menschenrecht. In seinem Schreiben »Laudato si’« unterstreicht Papst Franziskus dieses Grundrecht und fügt hinzu: »Unse- re Welt lädt eine schwere soziale Schuld gegenüber den Armen auf sich, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, weil ihnen das Recht auf ein Leben verweigert wird, das ihrer unveräußerlichen Würde entspricht.« Das Misereor-Hungertuch von 1984 (siehe Mittelseite) veranschaulicht eindrück- lich eine Spiritualität des Rechtes auf Wasser. Sie, liebe Leserinnen und Leser, helfen uns mit Ihrem Gebet und Ihrer konkreten Unterstützung, vielen ausgegrenzten Menschen Zugang zu Wasser neu zu erschließen. Herzlichen Dank dafür und bleiben Sie gesund! Br. Augustinus Diekmann ofm Leiter der Franziskaner Mission Dortmund TITEL Das Titelbild zeigt eine dynami- sche Momentaufnahme aus dem Alltag in Nordostbrasilien. Fischer werfen ihre Netze aus, in der Hoffnung auf einen reichen Fang. Sie leben in Symbiose mit Schwes- ter Wasser, die sie ernährt und damit Leben erhält. Aber dieses Grundelement der Schöpfung ist schon länger bedroht: Abwässer werden in Flüsse geleitet, Quell- gebiete zerstört und Flussbereiche abgeholzt, die so der Erosion zum Opfer fallen. Deshalb ist Schwester Wasser auf dem Bild nicht mehr leuchtend blau, sondern durch abgewaschene Ufer lehmig braun. 3

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