Franziskaner Mission 2 | 2020

Mit Regen verbinde ich einige der schönsten Erinnerungen meiner Kindheit in Vietnam. Während der Regenzeit hatten wir Kinder viel Spaß daran, draußen zu spielen und zu baden. Der Monsunregen ist in Vietnam ein wichtiges Element, das zum Leben gehört. Ohne diesen Regen kann keine Pflanze, kein Tier und auch kein Mensch überleben. TEXT: Chi Thien Vu ofm | FOTOS: Phuong32 /stock.adobe.com; Fabio Lamanna /stock.adobe.com Von den vielen Flüssen Vietnams sind zwei beson- ders hervorzuheben: der Rote Fluss im Norden und der Mekong im Süden. Beide Ströme sind nicht nur wegen ihrer Größe und Wassermenge bedeutsam, sie haben auch eine wichtige wirtschaftliche Funkti- on im Zusammenhang mit dem Transport von Gü- tern. Das Mekong-Delta ist eines der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt. Es umfasst eine Größe von rund 40.000 Quadratkilometern. Wegen seiner Wassermengen beheimatet der Fluss zahlreiche Fischarten. Seine Ufer sind von Reisfeldern gesäumt und lassen verschiedenste Früchte wachsen. Man bezeichnet das Mekong-Delta auch als »Reisschüs- sel Vietnams«, denn die Menschen leben von den vielfältigen Geschenken der Natur. Die kontrollierten Überflutungen zur Regen- zeit zwischen Juli und November sind dringend notwendig für die Fruchtbarkeit des Bodens, das Gedeihen der Pflanzen und das Leben der Men- schen. Das wichtige Gleichgewicht der Natur aus Regen, intakten Gewässern, gesunden Pflanzen, Tieren und Menschen ist jedoch mehr und mehr gefährdet. Hierfür sind vor allem drei Gründe zu nennen: der sinkende Grundwasserspiegel aufgrund großflächiger Monokulturen, der mit dem Klima- wandel verbundene Anstieg des Meeresspiegels und die Staudammprojekte der chinesischen Regierung. Abholzung und Monokultur Die Provinzen Kontum und Gia Lai liefern ein ab- schreckendes Beispiel dafür, wie das Grundwasser durch Abholzung für den Anbau von Monokulturen stark zurückgegangen ist. Beide Provinzen sind traditionell die Heimat vieler ethnischer Minder- heiten, die von natürlichen Ressourcen leben. In den 1990er Jahren wurden sie immer mehr von Großgrundbesitzern enteignet, die das Land für Monokulturen wie Kautschuk, Cashew oder Kaffee benötigten. Die Menschen wurden mit falschen Verträgen ins Landesinnere gedrängt, wo sie mittlerweile in größter Armut leben. Wälder wurden für die Monokulturen abgeholzt. Tiere und Pflanzen verschwanden. Die einseitige Bebauung der Landfläche brachte auch negative Konsequenzen für das Grund- wasser mit sich. Denn: Monokulturen speichern kaum Wasser, brauchen aber andererseits riesige Wassermengen für das Wachstum. Da ihre Pflanzen- wurzeln nicht tief genug in die Erde reichen, wird der fruchtbare Boden bei Überschwemmungen in der Regenzeit weggespült und es bleibt kaum Flüssig- keit übrig, die als Grundwasser versickern könnte. Dies ist aber lebenswichtig. Das von der Industrie verschmutzte Wasser der Flüsse kann nicht mehr zum Trinken genutzt werden. Um an sauberes Wasser zu gelangen, müssen die Menschen deshalb mittlerwei- le bis zu einhundert Meter tief in die Erde bohren, um mit viel Glück auf Grundwasser zu stoßen. Sobald man Wasser gefunden hat, wird es nach oben befördert und in einer Filteranlage gereinigt. Da sich die meisten Menschen die notwendigen Bohr- und Filteranlage nicht leisten können, sind sie dringend auf Spendengelder angewiesen. Die Investition lohnt sich aber, da Menschen in einem Dorf mit einer Filteranlage deutlich gesünder leben. Wo bleibt der Mensch? Ausbeutung natürlicher Ressourcen in Vietnam Die Reisfelder am Mekong-Delta ermöglichen vielen Vietnamesen nicht nur Nahrung – sie sichern durch unzählige Arbeitsplätze das Einkommen vieler Familien. 32

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