Franziskaner Mission 2 | 2020

»Laudato si, o mio Signore!« Der Sonnengesang des heiligen Franziskus schafft es auch heute, die Menschen zu begeistern. Besonders Kinder singen ihn mit Inbrunst. Bei Kindergottesdiensten im Freien trage ich den Kindern gerne auf, die Natur zu erkunden und sich eine Pflanze, einen Baum, ein Tier oder irgendetwas anderes aus der bunten Schöpfung auszusuchen. Etwas, das ihnen heute besonders gut gefällt. Dann kommen wieder alle zusammen und wir singen den Sonnengesang mit diesen ausgesuchten Schöp- fungszutaten: »Sei gepriesen, für die Johannesbeeren, sei gepriesen, für den Baum, dessen Namen wir nicht kennen, sei gepriesen, für Hummeln und für Bienen, sei gepriesen, denn du bist wunderbar, Herr: Laudato si …« Die Kinder bringen ihre eigenen Erfahrungen ins betende Lied, in den Lobpreis der Schöpfung ein und werden somit selbst zu Autoren des Sonnen- gesangs. Wasser als Kostbarkeit »Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser, gar nützlich ist es und demütig und kostbar und keusch.« Diese Strophe zur Schwes- ter Wasser im Sonnengesang erscheint mir beim ersten Blick eher wie eine theologische Beschrei- bung der metaphorischen Bedeutung des Wassers: Demütig und keusch wie Wasser – diese Analogie finde ich oberflächlich betrachtet in meinem Alltag oder meiner Erfahrung nicht. Die Nützlichkeit des Wassers und dessen Kostbarkeit hingegen wird unangefochten zu allen Zeiten im Bewusstsein des Menschen, der ohne Wasser durchschnittlich nur drei Tage überleben kann, fest verankert sein. Der heilige Franziskus ist weder als Natur- wissenschaftler noch als Theologe bekannt, sondern vielmehr als Mensch der Realität, des Alltags, der Handfestigkeit und der Leidenschaft. So lassen sich auch aus diesem Blickwinkel die scheinbar mehr theoretischen Analogien demütig und keusch erden. TEXT: René Walke ofm | FOTO: Emanuelle Alves Teixeira Schwester Wasser Demütig und keusch, nützlich und kostbar 8

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