Franziskaner Mission 3 | 2020

Wo man geboren wird und aufwächst, kann unser ganzes weiteres Leben bestimmen. Die Lebenswirklichkeiten in Bolivien sind nicht mit denen in Deutschland vergleichbar. Nie wird dies deutlicher als bei Katastrophen – wie jetzt die Corona-Pandemie. Wie kann man in Gemeinden, in denen es selbst für den täglichen Bedarf kein Wasser gibt, über striktes Händewaschen sprechen? Wie kann man die Menschen von einer strengen Quarantäne über- zeugen, wenn die Mehrheit der Bevölkerung von dem leben muss, was sie als eigenständige Tagelöh- ner verdienen? Wie kann man über den ständigen Gebrauch von Desinfektionsmitteln und Schutz- material sprechen, wenn die Mägen leer sind? Wie kann man von Isolation und Abstand reden, wenn Großfamilien aus mehreren Generationen in einem Raum zusammenleben? Wie kann man den Men- schen raten, bei Krankheitssymptomen zum nächs- ten Gesundheitszentrum zu gehen, wenn dieses nicht besetzt ist, weil das Personal Angst hat und nicht über ausreichendes Schutzmaterial verfügt? Die Zustände in den Gesundheitszentren hier sind auch desolat, weil Angestellte oft keinen Anstel- lungsvertrag haben und ausstehende Gehälter seit Monaten nicht bezahlt wurden. Fehlender Realitätssinn? Obwohl bereits ganze Familien krank sind, einige ihre Toten verstecken und jeden Tag mehr Leichen auf den Straßen liegen, können viele Menschen die Situation nicht verstehen und zweifeln die Realität an. Viele sagen auch, dass es ein politisches Problem ist oder dass die Regierung die Situation ausnutzt, um die Menschenrechte der Bevölkerung zu verletzen. Auch andere Verschwörungstheorien kursieren bolivienweit. Diese Verschwörungstheo- rien werden durch die Partei »Movimiento al Socia­ lismo MAS« des früheren Präsidenten Evo Morales gefördert. Wie können wir unserem Volk in Bolivien all diesen Wahnsinn erklären? Es ist eine Odyssee der Machtlosigkeit. Wir mussten unsere Strategien anpassen. Zentral für uns war dabei das absolute Vertrauen in Jesus, den Meister des Unmöglichen, um uns wie David im Kampf Goliath entgegenzu- stellen. Hoffnung in der Pandemie Lernprozesse in Cochabamba, Bolivien TEXT: María Teresa Losada Monsalve | FOTOS: Fundación San Lucas 28

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