Franziskaner Mission 2 | 2021

Nach und nach ist die Schule mit Hilfe von Eltern der Schülerschaft und Wohltätern aus Deutschland gewachsen. Heute gibt es sechs Bildungseinheiten, in denen insgesamt 190 Lehrende unterrichten. In vier regulären Bildungseinheiten lernen mehr als 2.000 Schülerinnen und Schüler und in zwei Förder- schulen weitere 500 Kinder mit Behinderung. Definition von Inklusion In Deutschland bedeutet »Inklusion«, dass Kinder mit Behinderung in einer Klasse zusammen mit den anderen Kindern unterrichtet werden. Wir in Bolivien verstehen unter dem Begriff aber bereits, wenn Eltern ihre behinderten Kinder in die Schule schicken, statt sie zuhause beschämt in ihren Hütten vor der Öffentlichkeit zu verstecken. Auch wenn die Kinder mit Behinderung in eigenen Klassen unterrichtet werden, kommen sie doch auf dem gemeinsamen Schulhof mit vielen anderen Kindern in Kontakt. Sie machen bei Schulfesten mit und sind damit Teil der großen Schulfamilie, was ihr Selbstvertrauen, ihren Stolz und ihre Lebensfreude unermesslich steigert. Gleichberechtigung für alle Das Bildungszentrum San Antonio hat sich in den vielen Jahren seines Bestehens immer weiter entwickelt. Pädagogische Konzepte wurden ständig aktualisiert und angepasst. Deshalb wurde 1980 das Sonderpädagogikprogramm PREEFA (Progra- ma de educación especial San Francisco de Asís) ins Leben gerufen. Es ist ein sonderpädagogisches Zentrum für Kinder und Jugendliche mit leichten bis sehr schweren geistigen und körperlichen Behin- derungen. Neben der allgemeinen Leitung, die mir obliegt, gibt es auch in dieser Bildungseinheit Mit- wirkende in Direktion und Assistenz in jeder Klasse, dazu Lehrende für Sport und Musik, aber auch Psychologinnen und Psychologen und Psychopäda- goginnen und Psychopädagogen. Es ist Teil unserer Ziele, sicherzustellen, dass unsere Schülerinnen und Schüler mit geistigen Behinderun- gen die gleichen Rechte und Möglichkeiten haben wie alle anderen bolivianischen Bürgerinnen und Bürger. Die Kinder haben neben dem normalen Unterricht auch sonderpädagogische Kurse, Work- shops und spezielles, auf den Einzelfall abgestimm- tes Training. Es gibt dazu ganz praktisch auch Werk- und Hauswirtschaftsunterricht. Förderung durch Befund Kürzlich ist es uns mit Hilfe der Franziskaner Mission München und großzügigen Spenden aus Deutsch- land gelungen, ein umfassendes Diagnosezentrum aufzubauen, mit dessen Hilfe wir den Schweregrad von Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen diagnostizieren können. So können wir ihnen bei ihrer Förderung besser helfen. Hier arbeiten Psycho­ logie, Psychopädagogik, Physiotherapie und Sprachtherapie Hand in Hand. Auch der Kontakt zwischen Schule und Elternschaft ist sehr gut. Wir bieten regelmäßig Schulungen für die Eltern an. Nach und nach haben wir viel für die behin- derten Schülerinnen und Schüler erreicht. Seit der Gründung 1967 wurden aus vielen benachteiligten Kindern gebildete Erwachsene, die am wirtschaft­ lichen Leben und der Politik teilhaben. TEXT: Dámaso Yeguanoy Iraipi ofm | FOTOS: Provincia Misionera San Antonio en Bolivia; Maurice Ressel Den beiden bayerischen Franziskanermissionaren Miguel Brems und Rudolf Höhn war klar, dass gerechte Teilhabe an der Gesellschaft nur durch Bildung erreichbar ist. 1967 grün­ deten sie direkt neben dem Franziskanerkloster und der Pfarrei in Santa Cruz in Bolivien das Bildungszentrum San Antonio. Begonnen haben sie mit sechs Klassenzimmern mit Platz für gut 200 Schülerinnen und Schüler. Bildung bedeutet Teilhabe Förderung für Kinder mit Behinderung in Bolivien Der Autor Dámaso Yeguanoy Iraipi ist Direktor der Schule San Antonio in Santa Cruz de la Sierra, Bolivien. Übersetzung aus dem Spanischen: Pia Wohlgemuth 14

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