Franziskaner Mission 2 | 2021

Manchmal glaubt man, es sei leichter, eine Gemeinschaft mit Men- schen gleicher Nationalität aufzubauen. Ich denke aber, ernsthafte Anstrengungen sind in jeglicher Form von Zusammenleben notwen- dig – ganz gleich ob national oder international zusammengestellt. Zuhören und Annehmen Dabei ist zum Beispiel ein gemeinsames Ausbildungsprogramm hilfreich. Verschiedenste Talente und vielfältige individuelle Charaktereigenschaften der Einzelnen können für den Aufbau einer lebendigen Gemeinschaft genutzt werden. Dies geschieht nicht auf Anhieb, sondern ist ein schrittweiser Prozess, der Geduld erfordert. Das erlebe ich in unserer internationalen, multikul- turellen Gemeinschaft von Theologiestudenten in Langata, Nairobi. Tag für Tag gibt es neue Herausforderungen im Zusammenleben. Integration und Teilnahme müssen schrittweise einge- übt werden. Diese wichtigen Aspekte lassen sich nicht automatisch garantieren, nur weil die Mehrheit der Brüder Ostafrikaner sind. In unserem Alltag kommen immer wieder verschiedene Themen zur Sprache, die wir, obwohl alle Afrikaner, unterschiedlich beurteilen. In diesen Situationen hilft es, andere Meinungen geduldig und wohlwollend anzuhören und anzunehmen. Im weiteren friedlichen Dialog können dann irrige, unbegründete Überzeugungen offen besprochen werden. In der Regel finden wir dann den richtigen Weg, der von allen akzeptiert werden kann. Trotz der Vielfalt an Kulturen, Sprachen und Ethnien in unserer Gemeinschaft gelingt es uns, früher oder später, alle Brüder in unser Haus zu integrieren. Sehr hilfreich dabei ist auch, dass alle die ersten Ausbildungsjahre in internationalen Kommunitäten verbracht haben: im Postulat (Tansania), Noviziat (Uganda), Philosophiestudium (Sambia) und jetzt im Studium der Theologie in der Hauptstadt von Kenia. Hier in Nairobi, in den letzten Jahren unserer Anfangsausbildung, schaffen wir es im All- gemeinen, die Werte von Integration und Teilnahme zu verwirklichen. Wir können jedem Bruder das Gefühl und die Gewissheit geben, dass er mit seinem Anderssein und seinen Begabungen dazugehört und die Gemeinschaft bereichert. Manchmal kann es jedoch auch vorkommen, dass durch wenige Brüder gleicher Herkunft eine Untergruppe entsteht, wenn sie zum Beispiel oft nur ihre Muttersprache sprechen, die von anderen nicht verstanden wird. Fremdes als Bereicherung Die kulturelle Vielfalt bereichert unser Gemeinschaftsleben, wenn verschiedene Ideen sich ergänzen und zusammenspielen. Unsere Liturgie und die Feste sind, aufgrund unterschiedlicher Formen von Musik und Tanz, sehr lebendig. Die Gesänge und Tänze anderer Völker sind eine Bereicherung und motivieren die Brüder, mit ihren kulturellen Werten und Gebräuchen aktiv teilzunehmen. Mit dem Gefühl und der Gewissheit, Teil der Gemeinschaft zu sein, nehmen alle Brüder gern an den gemeinsamen Aufgaben der Gemeinschaft teil. Denn jeder weiß: Mein Beitrag im Haus ist wichtig, notwendig und geschätzt. Ich erinnere mich, dass ich für kurze Zeit der einzige Kenianer in unserer Gemeinschaft war. Ich hatte aber nie das Gefühl, allein zu sein, es sei denn, ein Besucher kam zu uns und erkundigte sich, wie viele Kenianer im Haus seien. Abschließend kann ich sagen: Das Leben in unserer internationalen Gemeinschaft mit verschiedenen Kulturen, Gebräuchen und Sprachen ist für alle ein großes Geschenk. Wir leben und pflegen unsere brüderliche Zusammenarbeit, sei es bei den akademischen Studien, der Vorbereitung und Feier der Liturgie oder den gemeinsamen Aufgaben im Haushalt. Und das ist eine tägliche Bereicherung. Der Autor Fredrick Makochi ist kenianischer Franziskaner und Student der Theologie in Nairobi. Als Diakon bereitet er sich auf seine baldige Priesterweihe vor. Übersetzung aus dem Englischen: Heinrich Gockel ofm 20 | 21

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