Franziskaner Mission 2 | 2021

Aber den Eltern fehlten die Möglichkeiten: Sie hatten kein Geld für die Busfahrt in die Großstadt, sie sahen keine Hoffnung auf Hilfe und vor Ort beschränkte sich der Kinderarzt lediglich auf akute Krankheits- erscheinungen. Pablo lebt in Bolivien und nicht im wohlorganisierten Deutschland, wo ihn umgehend das Netz eines funktionierenden mehrdimensionalen Therapiekonzeptes aufgefangen hätte. Eigentlich gibt es seit 2006 die Behinderten- rechtskonvention der UN, die auf der ganzen Welt gelten sollte: das Recht wie alle Menschen zu leben, zu lernen, zu arbeiten und in der Mitte der Gesell- schaft seinen Platz zu haben. Verletzung der Rechte Auch in Bolivien gibt es diese Gesetze, allerdings werden sie kaum umgesetzt. Besonders tragisch wirken sich die Mängel in ländlichen Gebieten wie zum Beispiel der Region Guarayos aus. Hier leben überwiegend indigene Menschen in ärmlichen Ver- hältnissen. Circa 50 Prozent der Frauen können ihre Kinder in der Klinik zur Welt bringen, die anderen entbinden in ihren Hütten oder gar im Wald. Mögli- che Auffälligkeiten werden demzufolge erst gar nicht erfasst und auch in der Kinderarztpraxis liegt der Fokus auf den akuten Krankheitszeichen. Früherken- nung von Entwicklungsstörungen oder Behinderun- gen mit möglichen therapeutischen Konsequenzen werden wenig beachtet, die Eltern bleiben sich selbst überlassen. Hinzu kommen kulturelle Betrach- tungen, die Kinder mit Behinderung mit einem Makel belegen. So werden sie der Öffentlichkeit entzogen und verschwinden traurig im Dunkel der Hütten. Schon Selbstverständliches wie Pflege und Ernährung wird vernachlässigt, sodass diese Kinder vereinsamen und verelenden. TEXT: Dr. Ute Glock | FOTOS: Dr. Ute Glock; Maurice Ressel Nennen wir ihn Pablo, den Bub, der seinerzeit in Ascensión de Guarayos als erstes Kind armer Eltern auf die Welt gekommen ist. Seine vielfältigen Behinderungen waren auf An- hieb offensichtlich und für die Eltern ein Schock. Er hätte umgehend in ein spezialisiertes Risikozentrum eingewiesen werden müssen, um seine Behinderungen einzuordnen, sie einer Behandlung zuzuweisen und ein mehrdimensionales Förderkonzept zu entwickeln. Hilfe für »King Pablo« Gelungene Inklusion in Bolivien Einblicke in die Inklusionsarbeit des Santa Clara Zentrums in Ascensión de Guarayos 28

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