Franziskaner Mission 2 | 2021

mühsam erlernt werden. Auch das ist ein Grund für große Schwierigkeiten im schulischen Lernen. Der Ausbildungsweg Nach der Sekundarstufe I (bis zur 9. Klasse) werden die jungen Menschen, durch Empfehlung des Orts- pfarrers oder eines Bruders der Franziskanergemein- schaft, in das Franziskus-Internat aufgenommen. Hier bringen sie die Sekundarstufe II zu Ende. Sie gehen gezielt auf die Suche nach einem konkreten Berufswunsch, um sich später dementsprechend ausbilden zu lassen oder ein Studium an einer Fachhochschule anzufangen. In einigen Berufen, wie Friseurhandwerk und Gastronomie sowie in Musik, Kunst und Choreographie, zeigen die Schülerinnen und Schüler besondere Stärke. Im Internat werden sie auch in den Hauptfächern wie Mathematik, Naturwissenschaften und Sprachen gezielt unter- stützt. Lehrkräfte außerhalb des Internats geben den Lernenden in verschiedenen Fachbereichen ergän- zenden Nachhilfeunterricht, damit sie beim Lernen in der Schule mithalten können. In den letzten Jahren haben wir in Abschluss- gesprächen die jungen Menschen gefragt, wie sie die Zeit im Internat erlebt haben und was sie anschließend tun wollen. Sie spüren, dass sie reifer geworden sind und selbstbewusster auftreten, um mit den kommenden Herausforderungen fertig zu werden. Sie haben im Internat auch gelernt, was es bedeutet, in Gemeinschaft zu leben und einan- der zu akzeptieren. Mit diesen Werten und einem gesunden Maß an Selbstbewusstsein können sie in ein eigenständiges Leben innerhalb der Gesellschaft entlassen werden. Das Leben der Brüder dient ihnen als Vorbild und motiviert sie für ein Leben im Dienst an den Nächsten. Im Internat werden die jungen Menschen, neben der täglichen Schularbeit, auf ein Leben von Mitmenschlichkeit, Glauben, Wissens- durst und Arbeit vorbereitet. Das sind gute Voraus- setzungen für die weitere Berufsausbildung. Zeugnis eines Schülers Hier soll der ehemalige Schüler Stephane Tuân mit seinen persönlichen Erfahrungen im Franziskus- Internat zur Sprache kommen: »Im Sommer 2015, als ich die Sekundar- stufe I erfolgreich beendet hatte, wurde ich in das Franziskus-Internat aufgenommen, um die Sekun- darstufe II anzugehen. Zwei Jahre danach konnte ich die Schule mit Abitur beenden und begann mit dem Studium der Erziehungspsychologie an der Universität Quy Nho’n. Wenn ich an die Jahre im In- ternat zurückblicke, denke ich an die vielen schönen Momente dort. Ich lebte in einem Lebenskontext, der mich reifen ließ, sodass ich so werden konnte, wie ich heute bin. Der Internatsleiter und die ande- ren Mitbrüder schenkten mir einen Schlüssel, mit dem ich Türen für meine Zukunft öffnen kann. Im Internat erlangte ich das Grundwissen einer Kultur des Lernens und des Dienens. Wir durften unsere Talente als Geschenke entdecken, wie die Gabe des themenzentrierten Arbeitens, die Gabe der Kom- munikation, die Gabe des intensiven Suchens nach Problemlösungen, die Gabe, seine eigene Zeit gut zu verwalten. Das sind Fähigkeiten, die auch für ein Studium an einer Fachhochschule oder Universität von großem Nutzen sind. Ein wichtiges Element ist auch die Bemühung um Integration mit anderen ge- sellschaftlichen Gruppen, wie der Mitstudierenden der Kinh. Das Franziskus-Internat wurde gegründet und hat uns aufgenommen, um uns zu befähigen, mit anderen Menschen in sozialer Gemeinschaft zu leben. Dies ist ein wichtiges Fundament für die vier Studienjahre. Das Internat ist auch weiterhin ein Ort des Gemeinschaftsgeistes, ein Ort, wo junge Men- schen aus den ethnischen Minderheiten in diesem Geist wachsen können – für ein menschliches Leben in ihrer Dorfgemeinschaft, in der Pfarrgemeinde und in der Gesellschaft allgemein. Ich danke den Internatsleitern, allen Franziskanerbrüdern und un- seren Lehrkräften von ganzem Herzen für das solide Lebensfundament, das sie mir geschenkt haben, damit ich die starken Flügel eines Adlers bekomme, um damit mein Glück zu finden.« Danke an Deutschland Jedes Jahr erhalten wir über die Franziskaner Mission aus Deutschland Unterstützung für das Franziskus- Internat. Damit können wir vielen jungen Menschen im Reifungsprozess innerhalb der eigenen Kultur und bei einer gelungenen sozialen Integration im Alltag helfen. Dies ist ein bedeutender Beitrag. Auch Sie in Europa stehen gerade in Zeiten der Corona-Pandemie vor vielen Schwierigkeiten, aber Sie vergessen trotzdem das Franziskus-Internat in Pleiku nicht. Wir hoffen, auch in Zukunft vielen jungen Menschen der ethnischen Minderheiten eine Chance geben zu können, ihr Wissen zu festigen und Werte wahrer Menschlichkeit zu erfahren. Im Namen aller Lernenden im Franziskus-Internat möchten wir uns von ganzem Herzen bei unseren Unterstützerkreisen in Deutschland bedanken. Der Autor Le Minh Hai ist Mitglied der vietnamesischen Franziskanerprovinz, einer der jüngsten und am schnellsten wachsenden Provinz des Weltordens. Seit einigen Monaten ist Bruder Hai der neue Leiter des Franziskus-Internats in Pleiku in der vietnamesischen Provinz Tây Nguyên. Übersetzung aus dem Vietnamesischen: Chi Thien Vu ofm 32 | 33

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