Franziskaner Mission 2 | 2021

angemessen: »Das ist ja für Allah!« Selbstverständlich ermöglichten wir am Freitag auch einen Moschee-Besuch. »Die Deutschen«? Ein Wortwechsel während einer U- Bahnfahrt bleibt für mich unvergesslich. Die Jungen waren wie so oft recht laut miteinander am Reden. Ein älterer Fahr- gast beschwerte sich: Die Deutschen sollten doch mal etwas leiser sein! Daraufhin meinte Murat ganz erstaunt: »Voll krass! Der nennt uns ›Deutsche‹. Das ist mir in Deutschland noch nie passiert …«. Für viele in Deutschland geborene Menschen mit mindestens einem türkischen Elternteil ist das Alltag: In Deutschland sind sie »die Aus- länder«; in der Türkei die »Almanci«, die »Deutschländer«. »Deutsche« sind sie gewissermaßen nur in Drittländern. »Und raus bist Du …!« – Wer gehört dazu? Was ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe und was erschwert sie? Wer genau hinsieht, merkt, dass manches im Argen liegt in unserem Land. Der Autor Markus Fuhrmann ist Franziskaner und lebt in München. Er gehört zur Leitung der Deutschen Franziskanerprovinz und ist, neben zahlreichen anderen Aufgaben, für den Bereich »Missionarische Evangelisierung« verantwortlich. Zauberwort »Dialog« In seiner Enzyklika »Fratelli tutti« hat Papst Franziskus in biblisch franziskani- scher Tradition die Vision einer besse- ren, weil geschwisterlichen Weltgesell- schaft entwickelt, »in der es Platz für alle gibt (…) und in der die verschiedenen Kulturen respektiert werden« (FT 155). Das Prinzip der gemeinsamen Nutznie- ßung der für alle geschaffenen Güter sei das »Grundprinzip der ganzen sozial- ethischen Ordnung« (FT 120). Für die Ermöglichung einer neuen, geschwister- lichen Weltgesellschaft nennt der Papst ein Zauberwort: Dialog – »aufeinander zugehen, (…) einander zuhören, sich anschauen, sich kennenlernen, ver- suchen, einander zu verstehen, nach Berührungspunkten suchen« (FT 198). Einer der Schlüsselsätze der Enzyklika lautet: »Der soziale Friede ist Handar- beit« (FT 217). Dieser Aussage kann ich nur zustimmen. Also: Packen wir’s an! schem, albanischem oder serbischem Migrationshintergrund. Die meisten von ihnen sind Muslime. Wenige von den Jugendlichen haben Freunde ohne Migrationsgeschichte. Man bleibt meist unter sich, lebt im Stadtteil fast wie in einer eigenen Welt: mit türkischen Supermärkten, türkischen Tee-Häusern, türkischen Friseuren. In den Jugendgruppen wird erzählt und gekocht, es gibt Haus- aufgabenhilfe und Unterstützung bei Bewerbungen durch Honorarkräfte. Manchmal werden auch gemeinsame Fahrten unternommen. Das Reisen wei- tet den engen Horizont, der oft nicht mehr als das eigene Viertel umfasst. Bei einer Fahrt nach Rom war ich als Betreuer dabei. Einer der jugendlichen Mitreisenden hieß Murat (Name geän- dert), 16 Jahre alt, in Köln geboren und Schüler an einer Gesamtschule. Mit echter Bewunderung besuchten Murat und die anderen überwiegend muslimi- schen Jungen mit uns den Petersdom und die Lateranbasilika. Deren pracht- volle Ausstattung fanden sie durchaus Rom-Fahrt des Jugendtreffs Vingst

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=