Franziskaner Mission 3 | 2021

José Raimundo musste ums Überleben kämpfen, auf der Suche nach Nahrung, einem Platz zum Schla- fen, Duschen und Schutz. Jeder Tag war ein Kampf ums Überleben! Er lebte mit so viel Gewalt, dass er das Vertrauen in andere Menschen und Institu- tionen nach und nach verlor. Wie José Raimundo sind Tausende und Abertausende von Menschen in Brasilien Opfer unzähliger Formen von Gewalt, die gesellschaftlich konstruiert und im Privatleben zum Ausdruck kommen. Armut und Elend Verletzt durch den Mangel an materiellen Lebens- grundlagen und Entwicklungsmöglichkeiten sehen sich Kinder, Erwachsene und ältere Menschen der Bedingungen und Möglichkeiten für ein menschen­ würdiges Leben beraubt. Und angesichts der auf­ einanderfolgenden Wirtschaftskrisen, die Brasilien durchgemacht hat, und der Auswirkungen der Gesundheitskrise aufgrund der COVID-19-Pandemie befinden sich Tausende von Familien am Rande der extremen Armut und des Elends. Sie leben in einem Staat, der nicht in der Lage ist, Antworten zu geben, die soziale Sicherheit und Schutz für alle zu garan- tieren. Eine menschenverachtende Frucht dieser Si- tuation ist der Hunger, der in allen Teilen des Landes herrscht und um sich greift. Hinzu kommen die im Denken und Handeln in der Gesellschaft verwurzel- ten Formen von Diskriminierung, wie Machismo, Rassismus, LGBT- und Fremdenfeindlichkeit. Hier werden die gesellschaftlichen Gruppen marginali- siert, ausgegrenzt und nicht selten dem Willen einer Minderheit unterworfen. Angesichts dieser Wirklichkeiten versuchen Einzelpersonen, Familien und Gruppen, ihr Leben neu aufzubauen – auf der Suche nach Überlebens- strategien. Bei dem franziskanischen Solidarnetz- werk SEFRAS stoßen wir jeden Tag auf Geschichten wie die von José Raimundo, der unendliche Gewalt erlebt hat. Es sind Kinder, Jugendliche, Frauen, junge Menschen, ältere Menschen und viele ande- re, die die Spuren des Leidens und der Verlas- senheit an sich tragen. Das sind Menschen, die neben ihren materiellen Bedürfnissen auch ein ermutigendes Wort und eine Art von Mitsorge suchen. Daher basieren die Arbeitsmethoden des franziskanischen Hilfs- werks SEFRAS auf den Werten: Annahme, Mit- sorge und Verteidigung! José Raimundo, 25 Jahre alt, lebt seit 13 Jahren auf der Straße. Als er noch ein Kind war, lief er von zuhause weg – aus Angst vor der Gewalt, die er von seinem Vater immer wieder erlitt. Auf der Straße musste er, inmitten der Aggressionen von Gruppen und von der Gesellschaft selbst, Wege finden, um zu überleben: Er wurde von Erwachsenen, anderen Jungen und der Polizei zusammengeschlagen. Pandemie – Hunger – Konflikte Solidarität überwindet Gewalt TEXT: Rosângela Helena Pezote | FOTOS: SEFRAS

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=