Franziskaner Mission 3 | 2021

Heiligennovenen Komm mit Deinem Trost! Die Gemeinde Sankt Franziskus in Teresina, Stadt- teil Angelim, feiert ihren Schutzpatron neun Tage lang. Mir fällt der Frühgottesdienst am ersten Tag zu. Ich gehe mit dem Gedanken: Mal sehen wie das ist in diesen Zeiten. Es wird auf Normalität geübt. Neben der Kirche ist ein offener Platz mit Stühlen im Reigen. Vorn duften Kaffee und Kuchen für das anschlie- ßende Frühstück. Zur Einstimmung habe ich einige Verse zum Vor- und Nachsingen auf Lager: »Komm, oh Gott des Lebens, lass uns nicht allein. Komm mit Deinem Troste, unsern Mut erneu’n.« Die Erinnerung an das vergangene Jahr tut weh. Beim Berühren der Statue musste der Heilige jeweils desinfiziert werden. Eine Not für die Ge- fühle. Schmerz für den Heiligen Schutzpatron, der uns anrühren möchte. Jetzt sind wir freier, jedoch immer noch unsicher. Das Lied geht weiter: »Singt dem Herrn des Lebens, der uns hat befreit, der in Angst und Sorge sicher uns geleit’.« Der Heilige stand auf seinem Ehrenplatz und wies auf die Offene Seite: »Versteckt eure Wunden nicht. Sie sind Euer Anteil am Leiden des Herrn.« So saßen wir und sangen, und die Gesichter gaben Trost ohne Worte. Die Gestaltung des Neunten Abends fiel auch mir zu. Sie war dem Tod des heiligen Franziskus gewidmet, der seinen Heimgang bewusst gestaltet, trotz seiner Schwäche. Er begeht Gründonnerstag im Monat Oktober, schläft ein vor Erschöpfung und lässt ein Brot brechen, sobald er am nächsten Tag erwacht. Er weiß, dass der Tod ihn abholt zu einem guten Ort. Ich war lange Zeit beim Psalm 77: »Meine Seele lässt sich nicht trösten.« Massensterben, Tyrannei und Menschenverachtung ... Auch der Heilige, der wie Christus durch alle Zeiten geht, betet im Sterben mit Psalm 142: »Herr, ich schreie zu Dir.« Doch es ist keine Verzweiflung: »Meine Zuflucht bist Du. Mein Anteil im Land der Le- bendigen. Die Gerechten scharen sich um mich, weil Du ihnen Gutes tust.« So saßen wir um den Heiligen geschart, und die kleine Schwester Hoffnung kehrte bei uns ein. Der Autor Adolf Temme lebt seit 1964 in der Franziskaner­ provinz Bacabal in Nordostbrasilien. Zurzeit ist er für die Eremitage der Franziskaner in Teresina, Piauí, verantwortlich.

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