Franziskaner Mission 3 | 2021

Religion gehört in Uganda wie in ganz Afrika wesentlich für alle Bereiche des Lebens dazu und spielt für die Men- schen eine zentrale Rolle. Nach Johan- nes von Damaskus, dem Kirchenvater aus dem 7./8. Jahrhundert, ist »Beten wie das Hinaufsteigen des Geistes und des Herzens zu Gott oder das Bitten um Gutes von Ihm«. Im Gebet sprechen wir mit Gott oder den Heiligen auf gleiche Weise, wie wir in der Familie mit Eltern und Kindern oder mit Freunden reden. Wir kennen vier Gebetsweisen in Uganda: Die Anbetung und das Preisen der Größe Gottes helfen, unsere Abhän- gigkeit von Gott in allen Dingen anzu- erkennen. Im Bittgebet bitten wir Gott um alles Notwendige für unser Leben: Wir bitten um Gesundheit, Nahrung, Beschäftigung und um gute Beziehun- gen zu anderen. Nöte und Sorgen der anderen bringen wir im Fürbittgebet zum Ausdruck. So beten Eltern für ihre Kinder, Angehörige für ihre Verstorbe- nen, Lehrer für ihre Schüler, Ärzte für die Patienten, Pfarrer für ihre Gemeinde, Krankenschwestern und Hebammen für ihre Patienten. Schließlich anerkennen wir im Dankgebet , wer und was Gott für uns ist: Wir danken für seine Ge- genwart in unserem Leben, für unsere Arbeit, bei den Mahlzeiten für das Essen, am Abend für den vergangenen Tag, am Ende einer Reise für die gute Heimkehr. Während meiner Arbeit als Kran- kenschwester im Gesundheitszentrum in Rushooka und darüber hinaus, lernte ich die Gebetspraxis unserer Nachbarn kennen, die stark von der afrikanischen Kultur geprägt ist. Menschen beten hier mit ihrem ganzen Körper, mit Leib und Seele. Beim Gebet der Anbetung verneigen sie sich tief und sprechen mit leiser Stimme respektvoll und ehrfürch- tig. Beim Dankgebet dagegen werden Trommeln geschlagen, Rüttel- und Schüttelinstrumente rhythmisch hin und her geschwenkt. Die Menschen laden ein zum Mitsingen, Tanzen und Händeklatschen zur Ehre Gottes. Das Gebet hebt ihren Geist zu Gott und bringt Freude ins Herz. Kinder auf den Armen der Mütter klatschen ebenfalls in die Hände, lächeln und winken an- deren Mitfeiernden während der Messe freundlich zu. In Uganda findet die Anbetung Gottes an jedem Ort und zu jeder Zeit statt. Für unsere ausländischen Mitbür- ger ist es ungewohnt, wenn Menschen zu einem geschäftlichen oder offiziellen Treffen gehen, das nichts mit Religion zu tun hat, zuerst mit einem Gebet beginnen: Ein Teilnehmer wird ganz selbst- verständlich eingeladen, ein Gebet zu sprechen. Wenn wir in Schulen Kindern Medizin verabreichen, bekreuzigen sich die meisten Schülerinnen und Schüler zuerst, sprechen Beten mit Leib und Seele Auch in Uganda lehrt Not beten Die Autorin Marlene Webler ist Brasilianerin und gehört zur »Kongregation der Töchter der göttlichen Liebe«. Sie leitet das »Mother Francisca Lechner Gesundheitszentrum« in Rushooka, Uganda. Übersetzung aus dem Englischen: Heinrich Gockel ofm ein Gebet und schlucken erst dann die Medizin. Für John Samuel Mbiti († 2019), den Vater der modernen afrikanischen Theologie, gibt es für Afrikaner keine Ein- schränkungen, wo und wann ein Gebet zu sprechen ist: »Für unsere Menschen ist Gott allgegenwärtig, zu jeder Zeit und an jedem Ort erreichbar. Sie beten zu ihm, wann immer es nötig ist.« 29

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=