Franziskaner Mission 3 | 2021

Liebe Leserinnen, liebe Leser! Jesus hat sich immer wieder an einsame Orte zum Gebet zurückgezogen. Einmal baten ihn seine Jünger: »Herr, lehre uns beten, wie auch Johannes seine Jünger beten gelehrt hat.« (Lukas 11,1) Und der Meister schenkte ihnen das Vaterunser, das Herzgebet des christlichen Glaubens, das heute in allen Sprachen gebetet wird. Seit dieser Gebets- katechese Jesu haben sich in allen Kulturen viele Gebetsformen entfaltet, die in dieser Ausgabe der »Franziskaner Mission« vorgestellt werden. Auf verschiedenste Weise versuchen Menschen, mit Gott ins Gespräch zu kommen. Im Glauben an einen unendlichen Schöpfer sind es Annäherungsversuche der endlichen Geschöpfe. Und nicht selten wird der betende Mensch selbst zum Gebet. Die Globalisierung des Betens, nach der Rückkehr der Weisen ins sogenannte Morgen- land, hat in Form und Inhalt immer größere Kreise gezogen. Wir stellen zum Beispiel das »Gebet der Vereinten Nationen« vor, das auszugsweise auch in unserem Gotteslob zu finden ist (GL 22.1) – eine politische Gebetsspiritualität. Dieses Heft stellt zahlreiche Gebetstraditio- nen aus unseren Partnerregionen vor: aus Bolivien, Kolumbien, Brasilien, Mittelamerika, Mexiko, Ma- dagaskar, Vietnam, Indien, Ruanda, Uganda, Kenia, Südafrika und Litauen. Es ist nicht nur Not, die beten lehrt. Diese verschiedensten Gebetswelten sind vor allem Ausdruck eines tiefen persönlichen Glaubens und lebendiger Ortskirchen. Auf der Suche des Menschen nach Gott berühren sich Erde und Himmel. Beten ist menschlich! Eine Ordensschwester in Uganda macht vier Grundformen des Betens aus: die Anbetung in persönlicher Meditation oder in gemeinschaftlicher Feier, das Bittgebet um Werte wie Gerechtigkeit und Frieden, das Fürbittgebet für Lebende und Verstorbene und das Dankgebet im Blick auf Got- tes Schöpfung und das tägliche Brot. Wir haben aber nicht nur Beschreibungen von Gebetsformen zusammengetragen, sondern auch Originalgebete aus anderen Ländern übersetzt. So ist diese Ausga- be auch zu einer inspirierenden Gebetssammlung geworden. Natürlich begegnet uns auch spon- tanes Beten und die Bitte an unsere Heiligen um Fürsprache bei Gott. Zum bevorstehenden Weihnachtsfest, das zweite in Pandemiezeiten, lade ich Sie zu einer starken Gebetsgemeinschaft mit Menschen ein, die uns be- sonders am Herzen liegen. Ein Beitrag bolivianischer Schwestern zeigt, dass sie besonders auch für unsere Wohltäter beten. Bauen wir weiter an den Brücken zu den Armen. Durch seine Menschwerdung hat Gott schon eine befreiende Brücke zu uns errichtet. Ich wünsche Ihnen den Segen der Weihnacht für das kommende Jahr mit dem franziskanischen Gruß Frieden und alles Gute, P. Alfons Schumacher ofm Leiter der Franziskaner Mission München TITEL Zur Jugendpastoral des boliviani- schen Vikariats Ñuflo de Chavez gehören die OASIS-Treffen. Fester Bestandteil davon sind die soge- nannten Wüstentage. Die Jugendli- chen werden angeleitet, sich in Stille zurückzuziehen zum persönlichen Beten. Diese Erfahrungen eines direkten Dialogs mit Gott bringen sie danach in die Gemeinschaft ein. Die Fotografin unseres Titelbildes, Alicja Piekarska, hat bei ihren Bolivienbesu- chen mehrfach die Jugendtreffen im Vikariat dokumentiert. Für diese Aus- gabe gelang ihr ein beeindruckendes Foto, das für die ernsthafte Gottes­ suche heutiger Jugendlicher steht. 3

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