Franziskaner Mission 2 | 2022

TEXT UND FOTO: Chi Thien Vu ofm »Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser, gar nützlich ist es und demütig und kostbar und keusch.« Die Rose von Jericho, die – anscheinend tot – in der Wüste dem Wind und der Hitze ausgesetzt ist, kann mit Wasser wieder zum Blühen gebracht werden. Wasser spendet Leben! Wasser ist Leben Brunnenbauprojekte in Vietnam Der Autor Chi Thien Vu gehört zur Deutschen Franziskanerprovinz und lebt als Seelsorger im Franziskanerkonvent Dortmund. Als er neun Jahre alt war, sind er und seine Familie als sogenannte Boot-People aus Vietnam geflüch- tet und mit Hilfe der »Cap Anamur« nach Deutschland gekommen. Schwester Wasser wird im Sonnen- gesang von Franziskus als nützlich, demütig, kostbar und keusch dar- gestellt. Demütig, weil das Wasser nie nach oben fließt. Franziskus machte sich vor dem Herrn und den Menschen klein, denn »er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich« (Phil 2, 6-7c). Franziskus folgte Jesus nach. Auch seine »Lebenskarriere« ging von oben nach unten. Nützlich und kostbar, weil es unbedingt zum Leben notwendig ist. Alle Geschöpfe Gottes brauchen Wasser zum Leben. Keusch, weil nur sauberes Wasser rein ist. Schmutziges Wasser zerstört das Leben (siehe L. Leh- mann unter: www.kapuziner.de/ 1672-2/#). Das sind Eigenschaften, die das Wasser zu einem kostbaren Element machen. In seiner Enzyklika »Lauda- to Si« ist für Papst Franziskus der Zugang zu sicherem Trinkwasser ein fundamentales und allgemei- nes Menschenrecht. In der Welt herrscht eine Ungleichheit bei der Wasserverteilung. Das Wasser ist eine na- türliche Gabe Gottes, die allen Menschen zuteil werden soll. Niemand hat das Recht, Wasser zu besitzen. Wir machen uns gegenüber der Schöpfung Gottes und gegenüber den Menschen in armen Ländern schuldig, wenn wir es unnötig verschwenden oder gar verschmutzen. Während meiner Zeit in Vietnam wurde mir klar, wie wertvoll das Wasser für die Menschen, die keinen ungehin- derten Zugang zu sauberem Wasser haben, ist. In Deutschland verbrauchen wir das Wasser allzu selbstverständlich. Einfach den Wasserhahn aufdrehen und das Wasser kommt aus der Wand. Das war mein erstes Erlebnis, als ich 1983 nach Deutschland kam. Vietnam entwickelt sich heute immer mehr zu einem Industrieland. Eine der negativen Folgen der Industrie ist die Umweltverschmutzung, insbe- sondere beim Wasser. Auf dem Land lebende Menschen, wie die ethnischen Minderheiten, haben es schwer, an sau- beres Wasser zu kommen. Heute ist es gefährlich, das Wasser ungefiltert für den alltäglichen Gebrauch zu nutzen. Die einzige Möglichkeit ist eine Bohrung zur Quelle durch Experten. Das Wasser wird mit einem Motor an die Oberfläche gefördert und in einen Behälter gefüllt. Durch eine Filteranlage fließt das saubere Wasser in einen zweiten Behälter, aus dem die Menschen es zum Gebrauch entnehmen können. Die Franziskaner versu- chen in ihrem missionarischen Verständnis, Menschen Zugang zu sauberem Wasser zu ermögli- chen. Wo Franziskaner leben und für die Menschen verantwortlich sind, findet man Wasserfilter­ anlagen für alle, die nicht die Möglichkeit haben, an sauberes Wasser zu kommen. Da, wo Menschen sauberes Wasser ha- ben, werden sie vor Krankheiten geschützt und leben gesünder. Schwester Wasser ist nütz­ lich, kostbar und rein (keusch). Es ist Zeit, dass wir eine de- mütige Haltung ihr gegenüber einnehmen, weil sie für uns zum Heil und Wohl ist. Zeigen wir uns auch gegenüber dem Schöpfer dankbar, der für uns Quelle des Lebens ist. 21

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