Franziskaner Mission 2 | 2022

Es war einigermaßen windstill, als wir im September 1982 rund um das abzubrennende Feld Feuer leg- ten. Wir hatten einen gut 1,5 Meter breiten Brand- streifen gemacht, der kein brennbares Material mehr enthielt. Das Feuer sollte sich so langsam zum Zen- trum des Feldes hinbewegen und nicht auf angren- zende Grundstücke übergreifen. Aber ein Windstoß durchkreuzte unsere Pläne und im Nu brannte es in der Weide nebenan. Wir hatten allerhand zu tun, um dieses nicht geplante Feuer auf fremdem Grund- stück zu löschen. Und auch auf unserem Feld gab es am nächsten Tag noch einige Arbeit. Dann war das Feld fertig für die Reissaat. Aber zwei Schlangen – nichtgiftige Giboias –, einige Ratten und anderes Kleintier waren dem Feuer nicht entkommen. Und einige Baumstümpfe waren auch am nächsten Morgen noch am Verglühen. Unsere Erfahrung, ein kleines Feld für die Bepflanzung vorzubereiten, nennt man hierzulande »Roça de Toco« – was soviel wie Brandrodung be- deutet. Es ist die traditionelle Landwirtschaftspraktik der Kleinbauern. Für die meisten von ihnen ist es die einzige Produktionsart, die unter den gegebenen Umständen der Agrarstruktur und -politik möglich ist; denn der Einsatz von Maschinen ist aus finanziellen Gründen oder aufgrund der Lage der Felder nicht möglich. Was die Bauern investieren müssen und kön- nen, ist ihre eigene Arbeitskraft und einige einfache Arbeitsgeräte. Heute spielt sich unser kleiner Einsatz in der alltägliche Praxis der Bauern in größerem Stil ab: größeres Feuer, eine hohe Anzahl an toten Tiere und wesentlich mehr Rauch. Und da stellt sich dann die Frage: Ist das gut? Oder anders gefragt: Bruder Feuer – Freund oder Feind? Es gibt viele Reflexionen zum Pro und Contra. Für den Agronom Edmilson Evangelista ist die Brandrodung die letzte Alternative, da die Brände eine Reihe von Schäden für die Biodiversität, die Öko- systemdynamik, die Luftqualität und die Atmosphäre – Stichwort globale Erwärmung – mit sich bringen. Für Fran Paula, eine Frau aus dem Landarbei- termilieu, ist die »Roça de Toco« durchaus positiv zu bewerten, denn die Bauern arbeiten mit Bedacht und nach sachkundigen Kriterien. Die Produktion von Nahrungsmitteln für ihren Lebensunterhalt ist gesichert. Zudem wird der Einsatz von Pestiziden reduziert; und das hat positive Folgen für die Ge- sundheit und Umwelt. Und nach einigen Jahren der Nutzung bleiben die Felder brachliegen, damit sich die Vegetation regenerieren kann. Als klarer ›Feind‹ ist das wahllose Abbrennen von Straßenrändern und nicht genutzten Flächen zu bewerten und vor allem das Abholzen und Nieder- brennen von Tausenden von Hektar, wodurch die Artenvielfalt von Flora und Fauna in den Biomen zerstört wird. Mit dieser Praxis sind wir Franziskaner nicht einverstanden und wir versuchen durch Auf- klärungskampagnen, die Kleinbauern vor Ort für ein Umdenken zu bewegen. Unser Feld an einem kleinen Hang unseres Grundstücks in der Stadt Lago do Junco, im brasiliani- schen Bundesstaat Maranhão, rund 70 Kilometer von Bacabal entfernt, war soweit fertig für das Abbrennen der schon trockenen Vegetation – hohes Gras und ein wenig Krüppelwald. Wir hatten diese Wochen vorher abgeholzt. Wir, das waren Bruder Augustinus Diekmann, die Novizen und ich, Frei Antonio Schauerte. Feuer – Freund oder Feind? Brandrodung in der Landwirtschaft TEXT: Anton Schauerte ofm | FOTO: Vanderval Spadetti Der Autor Anton Schauerte gehört zur Franziskanerprovinz von Bacabal und lebt seit Jahrzehnten in Nordostbrasilien. Heute ist er Pfarrer der Gemeinde Nossa Senhora das Graças in Floriano, Piauí. 24 | 25

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