Franziskaner Mission 4 | 2022

... dann geht es auch den Kindern gut. Was beschäftigt junge Familien heute? Wie können verschiedene Generationen miteinander gewinnbringend in Beziehung gebracht werden? Wir besuchen das Familienzentrum Kerbscher Berg in Dingelstädt und sprechen mit der Leiterin Pia Schröter. Pia, was ist ein Familienzentrum? Ein Familienzentrum bietet Möglichkeiten der Begegnung, der Bildung und Beratung für alle Generationen. Ein Leitgedanke ist: Zwei Generationen lernen gemeinsam konkrete Fähigkeiten. Sie erleben in den Gruppen Interaktion und Kommunikation, was die Bindung zwischen Eltern und ihren Kindern fördert und stützt – und zur Persönlichkeitsentwicklung beiträgt. Die pastoralen Angebote wecken die Freude am Glauben. So wird der natürliche und kirchliche Jahreskreis mit vielen Elementen gefeiert. Wir wollen unseren Glauben lebendig machen und bewährte Traditionen in unsere heutige Lebenswirklichkeit mit hineinnehmen. In welcher Situation treten Eltern an euch heran? In der Schwangerschaft und vor allem in der Elternzeit suchen Eltern Angebote für sich und ihr Kind, um andere Familien in ähnlichen Lebenssituationen zu treffen, um ungestört Zeit mit dem Kind zu verbringen und sich mit anderen Müttern und Vätern auszutauschen. Unser Familienzentrum hat dafür ver- schiedenste Angebote im Programm. Pro Woche gibt es zwölf »PEKiP«-Kurse (»Prager Eltern Kind Programm«, 1970 entwickelt vom Prager Psychologen J. Koch) und sieben Eltern-Kind-Gruppen und anderes. Worum geht es in PEKiP-Kursen? In den Kursen steht die Begleitung von Eltern mit ihren Babys durch Spiel und Bewegungsanregungen, in der besonderen Zeit des ersten Lebensjahres, im Mittelpunkt. Entwicklungs- und Erziehungsfragen aus dem Alltag junger Familien werden aufgegriffen. Eltern erhalten Orientierung und Begleitung in vielerlei Entscheidungsfragen. Besonders wichtig ist, dass sich jemand wirklich für die neue Situation der Eltern interessiert, die Eltern gerade nach der Geburt des ersten Kindes haben. Interessieren sich andere nicht auch für junge Eltern? Viele Eltern vermissen die Wertschätzung und Anerkennung für das, was sie gerade im ersten Lebensjahr des Kindes Tag und Nacht leisten. Zudem sind sie zunehmend zerrissen: Einerseits wollen sie dem Kind die volle Aufmerksamkeit und Nähe schenken, auf der anderen Seite fühlen sich viele unbewusst fremdbestimmt: Oft muss ein Haus-Kredit abbezahlt werden, Kosten steigen, der Arbeitgeber drängt auf eine baldige Rückkehr an den Arbeitsplatz und zu Hause fehlt Verständnis für die Erziehungsarbeit. Hinzu kommt, dass wir in den ostdeutschen Bundesländern seit drei Generationen häufig ganztags (voll) arbeitende Mütter haben, die sich für die finanzielle Absicherung der Familie ebenfalls verantwortlich fühlen. INTERVIEW: René Walke ofm | FOTO: Familienzentrum »Kloster Kerbscher Berg« Eckdaten Bis 1994 war der »Kerbsche Berg« im Eichsfeld durch die Franziskaner belebt. Anschließend über- nahm das Bistum Erfurt das Gebäude und die Trägerschaft der Einrichtung. Das heutige Familienzentrum, 1996 gegründet, ist eines der 15 Thüringer Familienzentren. Es wird pro Jahr von bis zu 10.000 Kurs- und Veranstaltungsteilnehmenden besucht. Ergänzend bietet die Caritas hier Schwangerenberatung, Frühförderung und Trauerbegleitung an. Pia Schröter ist seit 2014 Leiterin der Einrichtung und Mitglied der franziskanischen Gemeinschaft »vivere«. Familienzentrum Wenn es den Eltern gut geht ... 10

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