Franziskaner Mission 4 | 2022

Die Familienlandwirtschaftsschulen kamen in den 1980er Jahren in den Bundesstaat Maranhão. Heute gibt es dort bereits 19 EFAs, die durch einen eigenen Dachverband mit Sitz in Bacabal miteinander verbunden sind. Alle EFAs verfolgen die gleichen Ideale: ein menschenwürdiges Leben in ländlichen Regionen führen zu können, agrarökologische Arbeitsweise zu garantieren, das Leben zu respektieren und die Schäden von konventioneller Landwirtschaft und Agrobusiness bewusst zu machen. Das Herz der ländlichen Bildungseinrichtungen sind die Familien der jungen Menschen, die diese Schulen besuchen. Die Familien garantieren finanzielle, emotionale und christliche Unterstützung während der Berufsausbildung ihrer Kinder. Diese wiederum bemühen sich, das Gelernte auf dem elterlichen Hof und damit in der Dorfgemeinschaft umzusetzen. Das gilt zunächst für nachhaltige Landwirtschaftstechniken, aber auch für solidarisches Gemeinschaftsleben bis hin zu allen soziologischen und kulturellen Aspekten der jeweiligen Region. Eine Gemeinschaft Das Zusammenleben der Lernenden in den Landwirtschaftsschulen ist familiär und läuft im Rhythmus einer Wechselpädagogik (Alternanz) mit zwei Wochen im Schulinternat und zwei Wochen auf dem elterlichen Hof. Der Schultag beginnt mit organisatorischen Tätigkeiten: Kaffee kochen, Reinigungs- und Bewässerungsarbeiten, Tiere füttern. In einem Moment der Spiritualität (Mystik) wird ein Bibeltext reflektiert. Die Botschaft daraus soll den ganzen Tag durchdringen. Danach geht’s in die Klassenräume, wo Fächer wie Portugiesisch, Mathematik, Geschichte, Geographie – möglichst dialogisch – unterrichtet werden. Darüber hinaus gibt es landwirtschaftsspezifischen Unterricht: Bodenmanagement, Pflanzen- und Kleintierlehre, nachhaltige Schädlingsbekämpfung, effektiver Umweltschutz. Nach dem theoretischen Unterricht gibt es Mittagessen. Aufräumen und Spülen werden von allen mitgetragen. Am Nachmittag folgt praktischer Unterricht im Garten und auf dem Feld. Hier werden Fähigkeiten entwickelt, eine begrenzte landwirtschaftliche Fläche mit einfachen Mitteln und trotzdem ertragreich zu bearbeiten sowie Kleintiere zu züchten und verantwortungsvoll zu begleiten. Abends gibt es dann noch besondere Lerneinheiten oder kulturellen Austausch. Schließlich geht’s in die Hängematte, um Kraft für den neuen Tag zu tanken. In der familiären Schulgemeinde werden die Lehrkräfte auch Monitoren genannt. Sie fungieren nicht selten als Die Bewegung der EFAs (Escolas Família Agrícola) begann 1968 im brasilianischen Bundesstaat Espírito Santo. Der italienische Missionar und Jesuitenpater Humberto Pietrogrande träumte damals von Bildungseinrichtungen speziell für die Kinder von Landarbeiterfamilien. Die herrschende Militärdiktatur hatte keinen Blick für das herausfordernde Leben auf dem Land. Kleinbauern erfuhren praktisch keine Unterstützung, ganze Dorfgemeinschaften und kirchliche Basisgemeinden wurden von militarisierten Großgrundbesitzern verfolgt, bedroht und vertrieben. Hoffnung für Kleinbauern Familienlandwirtschaftsschulen in Brasilien TEXT: Vanderval Spadetti | FOTOS: FM-Archiv Ersatzeltern, weil sie wegen des Internats ganztägig anwesend sein müssen. Sie verantworten das Zusammenleben im Schulalltag, mit seinen Freuden, Schwierigkeiten und der Hoffnung auf bessere Tage. Es ist wichtig, in diesem Zusammenhang auch die durch die jüngste Corona-Pandemie verursachten Probleme zu erwähnen, die viele junge Menschen und ihre Familien geschwächt haben: Lerndefizite, Isolation, psychische Probleme und unzählige andere Herausforderungen in den Familien. Nur mit Hilfe aller an dieser Berufsausbildung beteiligten Familien und Dorfgemeinschaften konnten viele Herausforderungen gemeistert und Hürden genommen werden. Dieser familiäre Charakter und die gelebte Solidarität ermutigen jeden Tag aufs Neue, an die Zukunft von Familienlandwirtschaftsschulen zu glauben und sie zu fördern. Vanderval Spadetti, Leiter der Familienlandwirtschaftsschule Manoel Monteiro, beim Besuch eines Schülers und dessen Familie 20

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=