Franziskaner Mission 1 | 2023

zu manchen Bekehrungen. So restaurierte Franziskus nicht nur die Gotteshäuser, sondern auch die Kirchen als Glaubensgemeinschaft. Was Franziskus vor 800 Jahren begann, blieb in seinem Orden, den Franziskanern, bis heute lebendig. Sein Geist war weiterhin auch in Bolivien und weltweit am Werk: »Franziskus, stelle meine Kirche wieder her!« Anfänge in Concepción Als junger Franziskaner und nach sieben Jahren Kaplanszeit in München nahm mein Provinzial mein Angebot, in der Bolivienmission der bayerischen Franziskaner zu helfen, an. Mit Bischof Eduard Bösl flog ich Ende 1979 nach Bolivien und anschließend fast sofort nach Concepción. Dort war ich dann Kaplan an der Kathedrale, »Dompfarrer« und Generalvikar – und 25 Jahre auch im Dienst der rund 30 Indigenendörfer der Chiquitos im großen Wald im Umkreis von 100 Kilometern. Neben der normalen Pastoral und umfangreichen Sozialarbeit widmete ich mich bald auch dem »Kirchbau«. Es sollte aber nicht bei einer Baupastoral bleiben, sondern eine integrale Pastoral sein, die Kapellen und Kirchen braucht, die aber im Dienst Gottes und der Kirchengemeinde konzipiert sein müssen. Viele Dörfer hatten keine Kapelle, und ich feierte unter einem Baum, in einer Hütte oder einem Schulraum. Kein Problem! Doch manche Dörfer hatten sich selbst eine Kapelle gebaut, im Stil ihrer Hütten, nur etwas größer: Säulen und Balken aus Rundhölzern, Wände aus einem Geflecht von Ästen und mit Lehm verschmiert oder mit getrockneten Lehmklötzen, die Dächer mit Palmblättern. Sie hielten dem tropischen Wind und Regen nur wenige Jahre stand. »Stelle meine Kirche wieder her« konnte auch bedeuten: Baue endlich eine Kirche für die Gemeinde, die dauerhaft ist. In vielen Besprechungen wurden die Arbeiten mit den Dorfbewohnern geplant. Sie waren bereit zu helfen – mit Steinen, Sand, Säulen und Balken, Handlangerdiensten und Essen für die Maurer. Alles andere musste ich beitragen: Blechdach, Zement, Fenster und Türen, Transporte, Löhne der Maurer ... Da ich ja kein Geld dafür hatte, bat ich meine Verwandten, Pfarreien und Freunde in Deutschland immer wieder um Hilfe. Und ich muss sagen: Sie haben mich nie enttäuscht, auch die Chiquitos nicht! Einige Dörfer hatten auch keine Schule, und so entwickelte ich das Konzept der »Hogares parroquiales«, der Pfarrheime, die als Mehrzweckbauten sehr hilfreich sind: ein großer Raum für Gottesdienste, Versammlungen und den staatlichen Lehrer, ein mittlerer Raum für Mütterklub, Jugendgruppe, Viehgenossenschaft und andere Gruppen und ein Abstellraum. Natürlich durften auch die sanitären Anlagen nicht fehlen – aus praktischen Gründen ein »Plumpsklo«, denn Wasser gab es hier nicht. Bald bekamen diese Bauten auch ein Solarlicht. Ein Ort der Gemeinschaft Es war sehr wichtig, dass sich die Chiquitos mit ihrer Kapelle von Anfang an wirklich identifizierten. Hier ein Beispiel: Im Dorf Limoncito war die Kapelle im Bau, und ich machte hie und da einen Besuch, um die Arbeiten zu begutachten, mit den Leuten zu reden und ihnen Mut zu machen. Da saß Don Pancho und schnitzte mit seinem Flachbeil eine Säule. Das kam mir seltsam vor, und ich ließ mir den Plan zeigen. Und die Säulen waren viereckig und nicht geschnitzt. Als ich Don Pancho darauf ansprach, sagte er mir ganz ruhig: »Wir möchten auch schöne Säulen haben, so schön wie sie der Bischof in seiner Kathedrale hat.« Damit war das Thema erledigt, und er schnitzte überzeugt weiter. Jede Familie und jede Gruppe braucht ein Dach über dem Kopf, wo man sich treffen und sich wohlfühlen kann, so auch die Gemeinde als Glaubens- und Liebesgemeinschaft. Und man sollte die Kirche im Dorf lassen, denn sie ist Zeichen göttlicher Gegenwart. Und »Gott mit uns« ist wichtig, denn Gott ist die Liebe. Eine Welt ohne Gott wäre eine Welt ohne Liebe, und das wäre die Hölle auf Erden. Franziskus hatte Recht! Der Autor Reinhold Brumberger ofm kennt Bolivien und die Menschen dort sehr gut. Er war Pfarrer in Concepción, dann in Santa Cruz, gefolgt von San Javier. Seit Anfang des Jahres ist er erneut als Pfarrer nach Santa Cruz de la Sierra berufen. Das alte Gemeindehaus ist baufällig. Die neue Kapelle erfüllt alle mit Stolz. Reinhold Brumberger ofm mit Gemeindemitgliedern in San Javier 22 | 23

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=