Franziskaner Mission 1 | 2023

im sozialen und geistlichen Sinne kostet viel: viel Zeit, Engagement, Ausdauer und Herzblut. In Zeiten, in denen in Deutschland Pfarreien zusammengelegt und Kirchen aufgegeben werden, will der Bau einer neuen Kirche auch in Bolivien wohl überlegt sein. Schon der Erhalt der bereits vorhandenen Gotteshäuser – bei allem guten Willen der Bevölkerung – ist eine große Herausforderung. Der Neubau einer zweiten Kirche, mit dem sich die so bunte Bevölkerung von San Julián richtig identifizieren könnte, ist ein faszinierendes Projekt, aber auch ein Wagnis. Die Säkularisierung macht auch vor Bolivien nicht halt und Pfarrer fehlen. Angesichts der 72 Barrios (Stadtteile) könnten mehrere kleine Kapellen an verschiedenen Orten möglicherweise sinnvoller sein als eine große Kirche. Dennoch wäre es wichtig, einen zentralen Kirchenbau mit Glockenturm zu haben, um die katholische Kirche – auch angesichts der evangelikalen Prediger – sichtbar zu machen. Wege zum Bauprojekt Eine kleine Gruppe von Gläubigen, ausgestattet mit einem Marienbild, fing schließlich damit an, jede Woche ein anderes Haus zu besuchen, um in den Anliegen der gastgebenden Familie dort den Rosenkranz zu beten. Das Beisammensein und der Austausch hinterher bei Limonade und Gebäck sind sehr wichtig, um sich kennenzulernen und miteinander vertraut zu werden. Bald konnten wir ein Grundstück mit einem Haus anmieten. Dank Spenden aus Deutschland konnte ein Dach für Versammlungen und die Feier von Gottesdiensten errichtet werden. Vieles musste am Haus repariert und verbessert werden, die Räume wurden mit den notwendigsten Möbeln für den Betrieb eines Pfarrbüros und für Katechese ausgestattet. Ein kleiner Schrein für eine Jahreskrippe, religionspädagogisch für Jung und Alt so wertvoll, rundet derzeit den äußeren Bau ab. Am Vorabend zum Pfingstsonntag 2022 haben wir unser improvisiertes Gotteshaus feierlich eingeweiht, dabei erklangen Melodien und Rhythmen aus den neun Departamentos Boliviens. Das Vaterunser beteten wir in verschiedenen Sprachen, auch in den wichtigsten Stammessprachen Boliviens, wie Quechua und Aymara. Die Vielfalt der Sprachen und die Präsenz der verschiedenen Kulturen erinnerte tatsächlich an das biblische Pfingstereignis. Am Ende erklang unsere Hymne »Sólo le pido a Dios« von Mercedes Sosa: »Nur eines bitte ich Gott, mögen Schmerz und Leid mich niemals gleichgültig werden lassen.« Einige Wochen später besuchte uns Bischof Antonio in der »Zona Norte«. Ganz schlicht wollte er in unserem unverputzten Bau der heiligen Messe vorstehen, doch die Ministranten bestanden auf Stab und Mitra. In seiner Predigt ermutigte er uns alle, eine Kirche zu werden, die weit hinausgeht und die Menschen an den Rändern der Gesellschaft aufsucht. Am Ende des Gottesdienstes legten Gemeindemitglieder vor Bischof Antonio ein Versprechen ab. Mit beschrifteten Ziegelsteinen und einem persönlichen Wort brachten sie zum Ausdruck, wofür sie sich besonders einsetzen möchten, ob für das Fegen des Hofes, das Rasenmähen, das Vorbereiten der Gottesdienste, die musikalische Gestaltung, den Ministrantendienst, das Bibelteilen, die Krankenbesuche, das Kochen für die Alten und vieles mehr. Welches Patrozinium, welchen Namen könnten Gemeinde und Kirche im Norden von San Julián eines Tages haben? Vielleicht »Espíritu Santo« – Heilig Geist, da doch alles an Pfingsten begann. »Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?« (1 Kor 3,16) Der Autor Robert Hof stammt aus Dachau und ist seit 2021 Pfarrer in San Julián in Bolivien. Robert Hof und Franziskanerbischof Antonio Reimann in San Julián Wir alle zusammen bauen unsere Kirche. Nächstenliebe Musik Küche Lektoren Putzdienst Wartung Altardienst Krankenpflege Kommunikation Bibelteilen Begrüßung

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