Franziskaner Mission 2 | 2023

Glaube eine zentrale Rolle spielt, und beginnen aus dieser Motivation heraus das Theologiestudium. Gleichzeitig distanzieren sie sich immer offener und direkter von vielen Teilen der Institution Kirche, von Konzepten und Deutungsmustern, die sie selbst als nicht mehr tragfähig, skandalös und menschenverachtend erleben. Unter anderem im Studium suchen sie nach tragfähigen Konzepten, die beides miteinander zu verbinden erlauben. Dabei trägt die oben geschilderte Erfahrung zur eigenen Verunsicherung bei. Zwischen den eigenen und fremden Vorwürfen, von gestern zu sein und eine korrumpierte Institution als Mitlaufende zu unterstützen, und den Erwartungen, besagte Institution vollkommen neu zu erfinden und zu verjüngen, spannt sich die kirchlich-religiöse Identität vieler junger Menschen auf. Für mich ist es in der Arbeit mit ihnen und für sie eine Leitvorstellung, mich selbst gemeinsam mit ihnen diesem Spannungsfeld auszusetzen. Zuzugeben, dass ich die Lösung auch nicht kenne, genauso leide unter diesen unvereinbar und unvertretbar scheinenden Polen. Aber mich gemeinsam mit ihnen auf die Suche zu begeben nach Möglichkeiten und Konzepten, wie der Widerspruch zur auszuhaltenden Die Autorin Jakoba Zöll (26 Jahre) ist Olper Franziskanerin. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte an der KatholischTheologischen Fakultät der Universität Bonn und schreibt dort ihre Promotion. Ambiguität (Mehrdeutigkeit) werden könnte. Damit wir es aus beiden, den Studierenden häufig entgegenkommenden Extremen hinausschaffen: Jungen Menschen, die mit uns in Kirche und Glauben unterwegs sein möchten und sind, etwas zuzutrauen, ohne sie unter Erwartungen und Hoffnung zu begraben. Kritisches Denken zu fördern, ohne jede Wurzel ungefragt zu kappen. Zuzugestehen, dass christlich-kirchliche Identitäten so unterschiedlich aussehen und gelebt werden können, eben auch ganz anders als unsere eigene. Dass das, was heute aushaltbare Ambiguität ist, morgen zum nicht mehr akzeptablen Widerspruch werden kann und umgekehrt. Ich versuche, mich von diesen existenziellen Auseinandersetzungen bereichern zu lassen und mir Mut zusprechen zu lassen für meinen eigenen Weg, der, wie der Ihre vermutlich auch, in ganz ähnlichen Spannungsfeldern verläuft. Schwester Jakoba Zöll OSF 9

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=