Franziskaner Mission 3 | 2023

»Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt; wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr euch untereinander lieben. Daran werden alle Menschen erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr euch untereinander liebt.« (Joh 13,33-35) Regeln, Autorität und Liebe Alltag im bolivianischen Kinderhort »Santa Clara« TEXT UND FOTOS: Vilma Cotrim Costa OSF Wir Franziskanerinnen betreiben den Kinderhort Santa Clara in Cuatro Cañadas, einem kleinen Ort im Tiefland Boliviens. Die Kinder, die wir betreuen, kommen aus schwierigen und ärmlichen Familienverhältnissen. Unklare Autoritätsstrukturen und Überforderung der Eltern führen für die Kinder oft zu unverhältnismäßigen Strafen und Anwendung von Gewalt. Wir erziehen die uns anvertrauten Kinder mit viel Liebe. Gleichzeitig gehören für uns aber auch Regeln und Autorität dazu. Die Regeln zeigen den Kindern die Grenzen zwischen dem, was sie tun oder nicht tun dürfen. Regeln bestimmen auch, wie etwas getan werden soll. Spiele und Sport haben in diesem Sinne Regeln, an die sich die Kinder halten müssen, sonst werden sie bestraft – im Fußball zum Beispiel durch eine gelbe Karte oder einen Platzverweis. Generell müssen Regeln im Alltag, zu Hause und in der Schule klar sein: Die Kinder müssen beispielsweise ihr Zimmer aufräumen und auf ihre persönlichen Gegenstände aufpassen und in Uniform zur Schule kommen. Aufgestellt und überwacht wer- den die Regeln durch eine Autorität. Autorität ist die Eigenschaft, die einer Person oder einer Position das Recht gibt, die Einhaltung der aufgestellten Regeln einzufordern. Die Kinder brauchen und suchen Führung. Autorität spiegelt sich in einer gesunden Beziehung durch Führung und Begleitung wider. Mein Vater ist der Chef Maria Fernanda ist neun Jahre alt und kommt seit ihrem vierten Lebensjahr in unseren Kinderhort Santa Clara. Das Mädchen erzählt uns, was es für sie bedeutet, Regeln zu befolgen: »Bei mir zu Hause ist mein Vater der Chef. Wenn er nicht zu Hause ist, ist meine Mutter mit uns Kindern überfordert. Dann kommandiert uns unsere ältere Schwester herum. Sie schlägt uns manchmal, wenn wir etwas nicht richtig machen. Hier im Hort bringen uns die Franziskanerinnen viele Dinge bei, und wir müssen unsere Erzieherinnen respektieren und auf sie hören. Früher wusste ich nicht, was es heißt, Regeln zu befolgen und zu gehorchen.« Maria Fernanda ist das jüngste Kind eines chilenischen Auswanderervaters und einer bolivianischen Mutter, die über nur geringe Bildung verfügt und intellektuelle Schwierigkeiten hat. 20

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