TIERE Das Jesuskind wurde noch im Mutterleib Marias von einem Esel nach Bethlehem, dem Ort seiner Geburt, getragen. Ich frage mich, ob andere Tiere diese Reise zum Stall miterlebt haben, in dem Jesus nach seiner Geburt nicht nur von seinem Vater Josef, sondern auch von Tieren beschützt wurde, die heute als Nahrung für die ganze Welt dienen. Ochsen, Schafe, Hirtenhunde und Esel sind alles Tiere, die in Weihnachtskrippen nicht fehlen dürfen. Doch welchen Stellenwert haben diese Tiere heute? Ich möchte dies anhand unseres Lebens in der Familienlandwirtschaftsschule Manoel Monteiro in Lago do Junco, in Maranhão in Nordostbrasilien, veranschaulichen. Die Familienlandwirtschaftsschule Manoel Monteiro ist eine einfache Schule, die die Kinder von Landwirten zu Agrartechnikern ausbildet. Im Schulalltag spielen auch zahlreiche Tiere eine wichtige Rolle. Unsere Schülerschaft lernt vor allem eine artgerechte Haltung der Tiere und wie sie zum Beispiel im Krankheitsfall richtig behandelt werden. Familien statt Industrie In den elterlichen Landwirtschaftsbetrieben wird die Tradition beibehalten, Esel zu haben, die bei der Feldarbeit, beim Transport von Materialien, Menschen und Tieren helfen. Die Kleinbauern sind sich bewusst, dass viele ihrer Tiere für ihre Ernährung und ihre finanzielle Sicherheit ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor sind. Außerdem werden diese Tiere oft als Mitglieder der eigenen Familie angesehen. Deshalb ist die Tierhaltung in der Familienlandwirtschaft von der Achtung gegenüber diesen Geschöpfen geprägt. Die Tiere werden, frei von schädlichen Produkten, gefüttert. Sie leben in Freilandhaltung oder in halbintensiven Systemen, die den Tieren tagsüber Freiheit auf den Feldern und nachts Sicherheit in den Ställen bieten. Leider ist es heutzutage schockierend, wie viele Tiere ihrem Schicksal überlassen werden und wie die Großproduzenten sie auf den Zuchthöfen oder in der Agrarindustrie behandeln. Es ist erschreckend zu sehen, wie die Tiere auf engstem Raum, Tiere an der Krippe Geschwisterlichkeit unter den Geschöpfen ohne ausreichenden Bewegungsspielraum, ohne Sonnenlicht gehalten werden. Die Futtermittel haben einen hohen Anteil an Chemikalien, um das Wachstum zu beschleunigen und so die schnelle Produktion in großem Maßstab zu fördern. Die Tiere werden wie in einer Fabrik aufgezogen, ohne eine diesen Geschöpfen würdige Behandlung. Als Endprodukte haben wir oftmals gestresste und geschundene Tiere. Die daraus entstehenden Lebensmittel sind mit Sicherheit schädlich für die menschliche Gesundheit. Diese sogenannten Agrarkonzerne erfüllen die Anforderungen einer kapitalistischen Welt, die nicht nach Gesundheit, sondern nach Kapital strebt, und das Leben von Tieren und Menschen nicht mehr respektiert. In Brasilien wird diese »produktive Vision« von großen Agrarunternehmern propagiert, die von der Regierung dafür Milliarden erhalten. Sie ist auf den Export ausgerichtet. Die Unternehmen sehen zwar die Schwächen in diesem Produktionssystem, ignorieren diese aber wegen des hohen Gewinns. Ökologisches Gleichgewicht Der Wirtschaftsbereich, der Brasilien wirklich am Leben erhält, ist jedoch die Familienlandwirtschaft, die einen großen Teil der im Land konsumierten Lebensmittel erzeugt. Laut der letzten Landwirtschaftszählung, die vom brasilianischen Institut für Geographie und Statistik (IBGE) 2023 durchgeführt wurde, machen Familienbetriebe 77 Prozent der landwirtschaftlichen Unternehmen in Brasilien aus. In diesen Familienbetrieben sind zehn Millionen Menschen beschäftigt, was etwa 67 Prozent aller Arbeitskräfte entspricht, die in der Landwirtschaft tätig sind. Die meisten Landwirte verwenden so wenig Pestizide wie möglich und arbeiten in einer nachhaltigen Landwirtschaft, die ein ökologisches Gleichgewicht zwischen TEXT UND FOTO: Vanderval Spadetti 22
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