Franziskaner Mission 1 | 2024

Dem Heiligen begegnen Der Wallfahrtsort Canindé in Brasilien »Der Ort, an dem die Wallfahrtsstätte Canindé errichtet wurde, ist für die Pilger heilig. Nicht nur weil Franz von Assisi dort Menschen im Namen Gottes zusammenbringt, sondern weil der Heilige, der sich den Gläubigen offenbart, lebendig ist. Er bestätigt nicht nur seine Anwesenheit dort, sondern auch die Tatsache, dass der Ort ihn für diese Offenbarung ausgesucht hat.« (OLIVEIRA, S. 98). ZUSAMMENSTELLUNG: Marcia Santos Sant’Ana | FOTOS: Lukas Brägelmann ofm Zusammenstellung und Übersetzung aus dem Portugiesischen: Márcia Santos Sant‘Ana Quelle: santuariodecaninde.com Zitate aus: OLIVEIRA, M. J. S. de: »Os pés e o Sagrado. A peregrinação em busca do Santo vivo em Canindé«. Fortaleza, Realce, 2001 Die Basilika »Heiliger Franziskus der Wundmale von Canindé« liegt im nordostbrasilianischen Ceará, circa 110 Kilometer von der Landeshauptstadt Fortaleza entfernt. Der Name Canindé ist indigenen Ursprungs und bezeichnet unter anderem einen Stamm (Kanindés) und eine Vogel-Art, ein Ara mit gelbem Gefieder aus dieser Gegend. Etymologisch gibt es drei Interpretationen des Namens Canindé: »dein Schoß (oder Kern)«, »dein Bett« und »dein Mantel«. Diese Formulierungen charakterisieren den Ort, der in seiner Einfachheit den seraphischen Heiligen von Assisi und Tausende von Pilgern empfängt. Canindé gilt als wichtiger Pilgerort in Brasilien und ist einer der größten franziskanischen Wallfahrtsorte der Welt, der jedes Jahr Tausende von Gläubigen aus dem ganzen Land, vor allem aus dem Norden und Nordosten, anzieht. Die Basilika, welche im gotisch-barocken Stil erbaut wurde, hat beeindruckende Ausmaße. Sie ist fast 30 Meter breit und 100 Meter lang, der Kirchturm ist 25 Meter hoch. In ihrer langen Geschichte wurde sie mehrfach umgebaut. 1796 wurde sie als Kapelle errichtet, dann als Pfarrkirche 1817 erweitert und schließlich 1925 vom Vatikan in die Rangstufe einer Basilika Minor (kleinere Basilika) erhoben. Die Ausbreitung des franziskanischen Charismas im Landesinneren von Ceará ist seit dem 16. Jahrhundert den Franziskanermissionaren, der franziskanischen Laienbewegung und den Kapuzinern zu verdanken. Mehrere Missionare wirkten in Canindé. Von 1781 bis 1800 war es José de Santa Clara Monte Falco, einer der Franziskaner, der den Bau der Kapelle des Heiligen Franziskus der Wundmale vorangetrieben hat. Die Franziskanerpräsenz erneuerte das religiöse Leben in der ganzen Region und trug dazu bei, dass das Evangelium in Canindé weitergegeben und gelebt wurde. Glauben leben In der Basilika kommen die Pilgerinnen und Pilger in einem kuttenähnlichen Gewand an, das dem Habit des heiligen Franziskus ähnelt. Manche gehen oder laufen auf den Knien, mit weit geöffneten Augen betend. Die Gläubigen zeigen hemmungslos ihre Gefühle der Freude und des Glaubens, in voller Hoffnung und Dankbarkeit, wenn sie vor der Franziskusstatue auf dem Hauptaltar der Basilika stehen. Sie beten mit gefalteten Händen, offenen Armen, auf den Kirchenbänken sitzend oder sogar liegend. Es offenbart sich in diesem Moment eine enorme Dimension des Vertrauens, die die Pilger dem heiligen Franziskus entgegenbringen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren große Wallfahrten und Feste zu Ehren des heiligen Franziskus bereits Tradition und trieben die Entwicklung dieser Stadt voran. Heute ist das Fest des heiligen Franziskus von Canindé eines der wichtigsten Ereignisse im religiösen Kalender des Nordostens. Die Veranstaltung findet auf der Praça do Romeiro statt, einem gigantischen Amphitheater unter freiem Himmel mit Platz für etwa 110.000 Menschen. Die Stadt und der Wallfahrtsort strahlen eine intensive franziskanische Spiritualität aus. Tausende von Gläubigen kommen dort hin und glauben fest an die lebendige Gegenwart des heiligen Franziskus. In der Tat ist er im Herzen eines jeden Pilgers lebendig, der an den einfachen, armen und bescheidenen Heiligen glaubt, der von den heiligen Wunden Christi betroffen ist. Magnet für Pilger Die Basilika ist ein heiliger Ort und wird deshalb von den meisten Pilgerinnen und Pilgern als erstes in der Stadt Canindé besucht. Zwischen dem 24. September und dem 4. Oktober ist der Zustrom von Pilgern am größten. Sie möchten ihren Glauben zum Ausdruck bringen und dem heiligen Franziskus, der Quelle ihres Glaubens, begegnen. Die Verehrenden gehen in der Regel bis zum Altar im Inneren der Basilika und berühren mit ihren Händen all die Szenerien, die Teil ihres Glaubens sind. Für die Pilgerinnen und Pilger ist der heilige Franziskus in seiner Basilika eine lebendige Präsenz. Laut Soares ist »der Blick, den die Pilger suchen, eng, tief verwurzelt und tröstlich. Er heilt Schmerzen und die Wunden des Lebens. Deshalb weisen sie auf den lebenden Heiligen hin, der nur für diejenigen sichtbar ist, die in seine Fußstapfen treten. Die Menschen in Canindé sehen in der Verlebendigung des Heiligen ein Zeichen des friedlichen Zusammenlebens und verstehen den Glauben als kulturellen Ausdruck. Es ist der Weg, den sie finden, um über sich selbst und über ihre eigenen Sozialstrukturen zu sprechen.« (OLIVEIRA, S. 126) 16 | 17

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