Gesundheitsversorgung, hohe Arbeitslosigkeit und andere soziale Ungerechtigkeiten waren die Folge. Dies sind einige der Stigmata, die die Bevölkerung von Bacabal auch heute noch belasten. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Identifikation der Nordostbrasilianerinnen und -brasilianer mit dem Leiden Jesu Christi und dem des heiligen Franz von Assisi verstehen. In vielen Landkonflikten setzten sich die Franziskaner für ein menschenwürdigeres Leben der brasilianischen Kleinbauern ein. Sie kämpften dafür, dass die Bauern ihre Rechte anerkannt bekamen und ihr »tägliches Brot« einigermaßen gesichert war. Bis heute gibt es Menschen in Bacabal, die in ihren einfach gebauten Häusern aus Lehm, Bambus und Stroh vor leeren Tellern sitzen und den Schmerz des Hungers fühlen müssen. Darunter leiden vor allem die Kinder, die sich körperlich und geistig nicht richtig entwickeln können, da sie oft nur einen einfachen Brei aus Maismehl und Wasser zu essen bekommen. Nahrhafte, vitaminreiche Lebensmittel, wie Obst und Gemüse, die für ein gesundes Wachstum unerlässlich sind, kennen sie nicht. Diese Situation der extremen Armut ist das Ergebnis der Korruption in Maranhão. Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft von Maranhão gehört dieser Bundesstaat zu den korruptesten Brasiliens. Die Vernachlässigung der Bedürftigen ist so gravierend, dass sie die Armen zwar nicht tötet, sie aber aus der Gesellschaft ausschließt und in eine gefährliche Lage bringt. Ein gutes Beispiel dafür ist die Unterschlagung von Geldern für die Schulspeisung in den öffentlichen Schu- len von Bacabal. Lehrende, Schülerinnen und Schüler prangern oft an, dass es in den Schulen keine Mahlzeiten gibt. Einige Lehrer geben sogar Geld aus ihrer eigenen Tasche und bereiten Butterbrote für die Schülerschaft vor, damit die Kinder während des Unterrichts nicht hungern müssen. Angeblich sind auch die Bürgermeister am »VerDer Autor Fábio de Sousa Barbosa gehört als junger Franziskaner zur Ordensprovinz von Bacabal, Nordostenbrasilien. Nach einem einjährigen Sprachkurs in Deutschland setzt er in seiner Heimat das Theologiestudium fort. Übersetzung aus dem Portugiesischen: Márcia Santos Sant’Ana schwinden« von Geldern beteiligt, die für die Schulspeisung in den Schulen hätten verwendet werden sollen. Diese und viele andere Wunden kennzeichnen die benachteiligte Gesellschaft von Bacabal. Jesus wurde gekreuzigt und von einem sozialen, politischen und religiösen System verwundet, das seine Botschaft ablehnte und versuchte, ihn zu beseitigen. Die Menschen in Bacabal tragen dieses Kreuz und leiden unter den sozialen Stigmata, die häufig von korrupten Politikern verursacht werden. Ihr Leiden ist vielleicht nicht mit dem Leiden des gekreuzigten Christi vergleichbar. Trotzdem identifiziert sich die leidende Bevölkerung mit Jesus, feiert den heiligen Franziskus und das Geheimnis der Wundmale. Und das alles, ohne zu klagen. So gehen sie mit immer neuer Hoffnung durchs Leben – im Glauben an bessere Zeiten. Die Pfarrkirche des Heiligen Franziskus von den Wundmalen in Bacabal Die Prozession am Fest des Heiligen Franziskus von den Wundmalen wird zu einer Demonstration des Glaubens. Der Pfarrpatron Franziskus von den Wundmalen wird auf einem Tragaltar durch die Straßen von Bacabal begleitet. 20 | 21
RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=