Franziskaner Mission 1 | 2024

In einer Welt vieler Möglichkeiten verdient jeder Mensch – auch mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen – eine Chance auf Förderung und Unterstützung. Leider ist das in Kenia nicht selbstverständlich, da Kinder mit Behinderungen oft versteckt und isoliert werden. Hoffnungsort Hilfe für kenianische Kinder mit Behinderung TEXT: Miroslav Babić ofm |FOTOS: Small Home Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen und Entwicklungsstörungen sind vielerorts in der Gesellschaft tief verwurzelt. Oft werden diese Menschen abgelehnt, benachteiligt und sozial ausgegrenzt. Sogar grundlegendste Rechte auf Bildung und Gesundheitsversorgung werden ihnen verweigert. Trotz dieser Widerstände leite ich seit 18 Jahren im Herzen Kenias, in einer bergigen, abgelegenen Gegend, die von leuchtenden Farben und fröhlichen, musikalischen Rhythmen strotzt, das ›Small Home‹, das ›Kleine Zuhause‹. Mit Stolz kann ich sagen: Es ist ein Haus der Hoffnung, in dem abgelehnte und stigmatisierte Kinder, deren Leben von Hindernissen geprägt war, leichter wieder in die Gemeinschaft eingegliedert werden. Denn wir glauben, jedes Kind – auch mit Entwicklungsstörungen – hat ein Recht auf Bildung. Deswegen fördern wir inklusive Bildung. Um dies zu erreichen, ist allerdings technische Hilfe und Unterstützung erforderlich, die leider unter hiesigen harten Bedingungen häufig fehlen. Herzlichkeit trägt Eines unserer Kinder heißt Anne: Mit dem Down-Syndrom geboren, wurde sie schon in jungen Jahren missverstanden und abgelehnt. Ihre arme Familie gab dem gesellschaftlichen Druck nach und wollte sie aufgeben. Wir konnten sie schließlich mit offenen Armen aufnehmen. Bei uns fand sie medizinische Versorgung und eine liebevolle Familie, die ihr fehlten. Anne macht augenblicklich Fortschritte beim Sprechen und im täglichen Umgang mit anderen Heimbewohnern. Auch bei Haron waren eine cerebrale Bewegungsstörung und eingeschränkte intellektuelle Fähigkeiten für ihn selbst und seine Familie eine Herausforderung. Man glaubte, seine Behinderung sei eine Schande oder eine Art Bestrafung. Tief verwurzelter Aberglaube verdrängte ihn an den Rand der Dorfgemeinschaft. Glücklicherweise hat Haron bei uns einen Platz gefunden: Er beendete erfolgreich ein besonderes Lernprogramm in der benachbarten Grundschule. Nach der 8. Klasse half ihm eine Berufsausbildung, leichtere Aufgaben selbständig zu übernehmen. Sein Erfolg und seine Freude ermutigen jetzt alle im Dorf, gegen festgefahrene Vorurteile anzukämpfen. Ein weiteres Beispiel ist Faith: Ihre Geschichte steht symbolisch für viele andere. Sie wurde auch mit cerebraler Bewegungsstörung geboren und von Anfang an abgelehnt. In einem patriarchalischen Umfeld, von Aberglauben dominiert, glaubte ihre Familie, ihre Geburt sei ein Fluch und wollte sie aussetzen. Obwohl ihre Mutter dagegen war, gab sie – eingeschüchtert von allen – schließlich nach. Aber Faith wurde nicht allein gelassen: Bei uns fand sie Hilfsbereitschaft, Verständnis und ihr neues, sicheres Zuhause. Hier erkannte sie, dass wir jenseits ihrer Behinderung ihr lauteres Herz sehen, das unglaubliche Kraft und Lebenswillen zeigt. Obwohl wegen 22

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