Kindern, leben zum Teil von Sozialleistungen und – wenn sie eine Beschäftigung haben – fast ausschließlich vom Mindestlohn. Auch wenn diese Familien jetzt in ordentlichen Mietverhältnissen leben, sind regelmäßige Begleitungen immer noch notwendig: Kleinkindtransporte zu Ärzten und auch oft zur Kinderklinik bis nach Bochum. Dazu kommt die Schule mit ihren weiteren Herausforderungen. Die Listen für die im neuen Schuljahr zu besorgenden Materialien berücksichtigen nie das knappe Einkommen der Eltern. Dramatisch wurde es in Zeiten des sogenannten Distanzunterrichtes während der Pandemie. Kommunikationsgeräte wie Smartphones und Tablets wurden gebraucht, aber nicht von allen Schulen ausreichend gestellt. Nach nunmehr zwei Jahren fallen die ersten Erneuerungen bei diesen Geräten an. Jeder, der Kinder hat, weiß, wie schnell Schuhe zu klein und Hosen zu eng und zu kurz werden oder nach einem Malheur ersetzt werden müssen. Auch hier höre ich oft wortlose Hilferufe, wenn »Instandsetzungen« oder Ersatzbeschaffungen gerade gegen Ende eines Monats anfallen. Oder aber, wenn der Elternsprechtag ansteht und um eine Begleitung meinerseits als Hilfestellung gebeten wird. Ähnlich verhält es sich mit ständig zu erneuernden Schulmaterialien. »Ich habe mein Heft vergessen« ist oft die (von Lehrern negativ bewertete) Dieser Artikel von Bruder Horst Langer wurde mit freundlicher Genehmigung des Bruder-Jordan-Werkes der Zeitschrift bruder jordans weg Heft 1/2024 entnommen. Die Zeitschrift bruder jordans weg informiert über Leben und Spiritualität des Franziskaners Bruder Jordan Mai und die Arbeit des BruderJordan-Werkes. Um diese kostenlose Zeitschrift zu beziehen, wenden Sie sich bitte an das Bruder-Jordan-Werk: Telefon: 0231/562 218-36 E-Mail: info@jordanwerk.de www.bruder-jordan-mai.de Der Autor Horst Langer ist Franziskaner und lebt seit vielen Jahren in der Obdachlosensiedlung Buschkampstraße in Herne. Er hat als Berufsschullehrer gearbeitet und ist weiterhin als Lehrer in Integrationsklassen tätig. Entschuldigung, um nicht sagen zu müssen, dass kein Geld da war, um neue Materialien zu kaufen. Diese Tatsache, in Verbindung mit schlechten Noten, ist fatal und so bin ich wie eh und je auch im Nachhilfeunterricht eingebunden: Deutsch, Mathematik, Englisch. Was Eltern nicht gelernt haben, aus welchem Grund auch immer, können sie auch nicht an ihre Kinder weitergeben. Knappes Einkommen reicht natürlich auch nicht für Freizeitgestaltungen. So fahren wir ziemlich regelmäßig zum Schwimmbad Aqua-Park nach Oberhausen, irgendwo hin zum Klettern und manchmal auch nach Berlin. Im Franziskanerkloster Pankow gibt es ein Gästehaus im Garten, in dem wir kostenfrei unterkommen können, sodass nur Kosten für Selbstverpflegung, Kultur und Freizeitgestaltung anfallen. Wochen-TouristenGruppentickets machen das Fahren mit U- und S-Bahn recht preiswert. Das neue Deutschlandticket senkt besonders für Schülerinnen und Schüler die Ausgaben weiter. Ist da jemand? Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sieht das etwas anders aus: Sie wollen mit Gleichaltrigen etwas unternehmen: ein Kino besuchen oder ein Konzert, miteinander (zum Beispiel Geburtstag) feiern. Ohne Unterstützung ist das oft nicht möglich, auch wenn es manchmal nur ein »Taxidienst« ist. Ein junger Mann aus Herne ist glücklich, die Ausbildung geschafft und gleich gute Arbeit gefunden zu haben, in Oberhausen – aber: 20 Uhr Feierabend, alle Züge fallen aus. Und da klingelt bei mir vertrauensvoll das Telefon … Und im Moment des letzten Abschieds, den wir auch hier in dem Quartier oft erleben, sind die Kosten für die Beisetzung wohl immer annähernd gedeckt, nicht aber die für ein Brötchen und »den wichtigen Kaffee« im Anschluss. Bei allen Versuchen, die Härten des Lebens, wenn es möglich ist, aufzufangen, wird selten von Gott geredet. Aber in Zeiten der Lebenswenden ist er präsent. Es ist fast selbstverständlich, dass Kinder getauft und in den Schutz Gottes gestellt werden. Ebenso die Hochzeit, wie auch die Beerdigung. Immer wieder werden Brüder gebeten, Kinder zu taufen oder Trauungen durchzuführen. »Bitte beerdige Du mich und bete für mich« ist die Bitte einer Nachbarin an mich, die weiß, dass sie in absehbarer Zeit sterben wird. Meine Nachbarn in Herne fragen nicht, ob es einen Gott gibt, ob da jemand ist, der ihr Leben bestimmt oder lenkt. Sie zweifeln die Existenz Gottes oft nicht an, fragen sich aber, wie kann ein Gott Ungerechtigkeit, Hass, Schicksalsschläge zulassen? Sie fragen nicht nach Kirche, Gemeindestrukturen und Gemeinschaftstreffen. Beten ist normal, Gottesdienste zu feiern ist normal. Gott ist jemand, der still im Alltag da ist und einfach mitlebt. Horst Langer ofm ist mit ganzem Herzen franziskanischer Sozialarbeiter. Städtische Sozialwohnungen in Herne 33
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