Kirche im Aufbruch Die Kirchlichen Basisgemeinden entstanden in Brasilien während der Militärdiktatur als Antwort auf die sozio-politischen Herausforderungen der Zeit und die Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils. Sie waren eine Möglichkeit, die Kirche partizipativer zu gestalten und in die kommunalen Gemeinden zu integrieren. Seitdem sind sie als authentischer Ausdruck des kirchlichen Lebens anerkannt, fördern den sozialen Wandel und bilden Führungskräfte innerhalb und außerhalb der kirchlichen Gemeinden aus. Die CEBs haben eine wichtige Rolle bei der Ausbildung sozialer und religiöser Führungspersönlichkeiten gespielt und zum Entstehen von Basisbewegungen sowie zu einem wachsenden politischen und sozialen Bewusstsein beigetragen. Sie sind entscheidend für die Erneuerung der Spiritualität und die Auslegung der christlichen Lehren im Lichte der lokalen Realität. Sie sind auch ein Ort des Dienstes und neuer Aufbrüche unter den Laien. Trotz der Schwierigkeiten, mit denen sie konfrontiert waren, und der Kritik, die ihnen entgegenschlug, sind die CEBs weiterhin eine transformative Kraft in der brasilianischen Gesellschaft. Sie setzen sich in verschiedensten Bereichen des öffentlichen Lebens für soziale Gerechtigkeit, Ethik, Menschenrechte und Ökologie ein. Wie die ersten christlichen Gemeinschaften in Zeiten der Verfolgung werden auch die CEBs immer stärker. Sie zeichnen sich durch eine Vielfalt von Diensten und Charismen aus und präsentieren zahlreiche Ausdrucksformen, die zwar unterschiedlich sind, aber charakteristische kirchliche Elemente aufweisen. Die CEBs werden als eine »Kirche, die durch die Kraft des Heiligen Geistes aus dem Volk geboren wurde« bezeichnet, eine »arme Kirche, für die Armen, von den Armen und mit den Armen«, eine »Kirche, die ständig im Aufbruch ist«. Die CEBs sind eine »neue Art, Kirche zu sein«. Neben den Kinderkrippen beteiligte sich die »Kleine Gemeinschaft Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel« an der Gründung der Landarbeitergewerkschaft von Monte Carmelo und gründete den Verband der Wäscherinnen, Bügelhilfen und Hausangestellten. Die Gemeinschaft förderte verschiedene Treffen und Kurse über Glauben und Politik. Sie half auch bei der Gründung der Arbeiterpartei und der Central Única dos Trabalhadores (Gewerkschaftsdachverband CUT) sowie bei der Gründung anderer CEBs in der Region. Die Franziskanische Aktion für Ökologie und Solidarität (AFES) ist einer ihrer Partner. So wirkt Odetes Engagement auch heute noch weiter. Der Autor Rodrigo de Castro Amédée Péret ist Franziskaner und engagiert sich im franziskanischen Dienst für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Seit einigen Jahren leitet er die Franziskanische Aktion für Ökologie und Solidarität (AFES) im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais. Übersetzung aus dem Portugiesischen: Augustinus Diekmann ofm Sie setzte sich für Gerechtigkeit im landwirtschaftlichen Bereich und für eine Agrarreform ein. Glaube und Politik wurden für Odete mehr und mehr komplementär. Trotz ihres Todes im Jahr 1999 wirkt das Vermächtnis ihres Lebens in ihrer Gemeinde bis heute fort. Starke Frauen Im ersten Jahr des Bestehens der »Kleinen Gemeinschaft Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel«, 1978, wurde in gemeinsamer Arbeit die erste Kinderkrippe mit dem Namen »Maria de Deus« (Maria von Gott) gebaut. Im Laufe der Zeit wurden drei weitere Kinderkrippen errichtet. Alle wurden mit geringen finanziellen Mitteln, aber mit viel Enthusiasmus, gutem Willen und Vertrauen seitens der Gemeinde errichtet. Neben den Kinderkrippen besitzt die Organisation drei Grundstücke zum Anbau von Gemüse für eine gesunde Ernährung der Kinder. Gemäß einer Änderung der brasilianischen Gesetzgebung wurden die Kinderkrippen später in Zentren für frühkindliche Bildung umbenannt. In allen Initiativen der »Kleinen Gemeinschaft Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel« spielen Frauen eine führende Rolle. Diese Bewegung ist eine der erfolgreichsten Verwirklichungen der Vision eines Kirchenbildes, die das Zweite Vatikanische Konzil vorschlug und die auf den großen Versammlungen der Lateinamerikanischen und Karibischen Bischofskonferenz in Medellín und Puebla aufgegriffen und vertieft wurde. Hier wurde vor allem auch die Bedeutung der Kirchlichen Basisgemeinden (CEBs) als konkrete Form des Lebens und des Kirche-Seins hervorhoben. Die CEBs stellen auch heute noch eine Form der Evangelisierung an der Basis in Brasilien dar, die besonders die Armen im Blick hat und von den Armen selbst ausgeht. Die CEBs erinnern uns daran, dass Gott in der Botschaft Jesu unsere tiefe Sehnsucht nach Geschwisterlichkeit, Gerechtigkeit und Gleichheit nährt. Aus dem Alltag einer der Kinderkrippen in Monte Carmelo, Minas Gerais 22 | 23
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