Die heutige brasilianische Küche ist seit der Kolonialzeit durch den indigenen, afrikanischen und portugiesischen Einfluss entstanden. Ab Mitte des achtzehnten und Anfang des neunzehnten Jahrhunderts wurde die Esskultur unter anderem auch von japanischen, italienischen und deutschen Einwanderern beeinflusst. Die Mischung aus den Essgewohnheiten der verschiedenen Völker hat sich an die große Vielfalt der in Brasilien verfügbaren Lebensmittel angepasst. Leider hat nicht jeder Zugang zu einer vielseitigen Ernährung. Jede brasilianische Region hat eine charakteristische Esskultur entwickelt, ein Merkmal, das die vielfältige Identität des Landes ausmacht. Reis und Bohnen sind Teil des Speiseplans und dürfen auf dem Teller der Brasilianerinnen und Brasilianer vom Norden bis zum Süden definitiv nicht fehlen. Nach Untersuchungen des Instituts für brasilianische Landeskunde und Statistik (»IBGE«) und des renommierten Wirtschaftsinstituts »Getúlio Vargas« ist der Verzehr von Reis und Bohnen in den letzten Jahrzehnten jedoch zurückgegangen. Dies ist auf den Anstieg der Preise für diese Lebensmittel zurückzuführen. Beide Lebensmittel gelten als minimal verarbeitet und sind in der Ernährung der brasilianischen Bevölkerung unerlässlich. Sowohl Reis als auch Bohnen sind Teil des sogenannten Grundnahrungsmittelpakets (»cesta básica«). Diese Art Sozialleistung wurde 1938 unter Präsident Getúlio Vargas per Gesetz eingeführt, um Arbeitenden mit geringem Einkommen eine gesunde Ernährung zu gewährleisten. Bis heute wird das Grundnahrungsmittelpaket an Arbeitende, Arbeitslose und Familien mit geringem Einkommen ausgegeben, um das monatliche Familieneinkommen TEXT: Márcia Santos Sant’Ana | FOTOS: SEFRAS; Governo do Estado de São Paulo – CCBY2.0 zu ergänzen. Anspruch auf Nahrungsmittelhilfe haben Familien, die im brasilianischen Einheitsregister (»CadÚnico«) angemeldet sind und über ein Familieneinkommen von bis zu drei Mindestlöhnen verfügen. Es gibt verschiedene Modelle von Grundnahrungsmittelpaketen, die mindestens dreizehn Basisprodukte enthalten. Dazu gehören Öl, Nudeln, Kaffee, Zucker, Gemüse und auch Reinigungs- und Körperpflegeprodukte. In der brasilianischen Wirtschaft wird diese Lebensmittelgrundversorgung als wirksames Instrument zur Messung der Inflation und Kaufkraft verwendet. Außerdem ist sie ein wichtiger Indikator dafür, wie sich der Preisanstieg bei Produkten auf die Ernährungsgewohnheiten der brasilianischen Bevölkerung im Allgemeinen auswirkt. Heutzutage geben die Brasilianerinnen und Brasilianer die Hälfte des monatlichen Mindesteinkommens, etwa Die Suppenküche des franziskanischen Sozialdienstes in São Paulo gibt eine warme Mahlzeit aus für die Menschen, die sich ausreichende Lebensmittel nicht leisten können. Ungleichheit auf dem Teller Nahrungsunsicherheit in Brasilien 16 | 17
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