»Iss dein Brot mit Freuden« Traditionelle Mahlzeit in Guatemala TEXT UND FOTOS: Frank Hartmann ofm Der Kontrast kann nicht größer sein: Riesengroße, mehrstöckige Einkaufstempel in der Hauptstadt Guatemala, wie in Berlin, München oder Dortmund, mit üppig gefüllten Regalen in den Supermärkten. Auch hier zehn Sorten Erdbeerjoghurt und 25 Sorten Müsli zur Auswahl – für die, die es sich leisten können. Gleichzeitig tauchen beim Schreiben dieser Zeilen unvermeidlich wieder die Bilder vom Kontakt mit Kleinstkindern in einem Krankenhaus auf einer Station für unterernährte Kinder auf. Manche der Kleinen haben eine Magensonde, da sie nicht mehr fähig sind zu schlucken. Diesen manchmal zerreißenden Spagat innerhalb eines Landes gilt es auszuhalten. Wir erwarten Besuch. Das ist eine gute Gelegenheit, Doña Laura, seit vielen Jahren die gute Seele in unserer Gemeinschaft, auf ihrem Rundgang durch die Markthalle in Mezquital zu begleiten. Die Supermärkte im Zentrum sind in einer Stunde zu erreichen – jedoch für die Meisten Lichtjahre entfernt. Unerschwinglicher Luxus! Doch erst wird gefrühstückt. Es gibt Tamales. Das ist eine Handvoll Maispaste gefüllt mit einem Stück Schweine- oder Hühnerfleisch und eingewickelt in ein Mais- oder Bananenblatt. Dazu gibt es Reis und schwarze Bohnenpaste, das Grundnahrungsmittel Nummer Eins. Und natürlich Tortillas. Zwei junge Verkäuferinnen werden bei unserem Einkaufsbummel erzählen, dass sie pro Tag rund 1.000 dieser bierdeckelgroßen Maisfladen für ihre Kunden herstellen. Unsere Gäste sollen ein typisches Gericht kennenlernen: Pepián, ein Eintopf aus Güisquil (auch: Chayote)- Gemüse, grünen Bohnen, Möhren und Kartoffeln sowie Hühner- oder SchweiDer Autor Frank Hartmann gehört der deutschen Franziskanerprovinz an und lebt seit 2022 in Guatemala. Im Stadtteil Mezquital (Guatemala-Stadt) arbeitet er als Seelsorger im Migrantenhaus »San Hermano Pedro« und steht den Flüchtenden aus verschiedenen Ländern Zentralamerikas zur Seite. nefleisch. Wir gehen auf den Markt. Auf der Suche nach den Zutaten liegt der Duft von Chicharrones, frittiertem Schweinespeck, in der Luft. Sehr schmackhaft, doch gesund ist anders. Wir streifen Marktstände, an denen Avocados, Zitronen, Kartoffeln, Tomaten und Bananen in herrlichen Farben um die Wette leuchten. Ein freundlicher Händler bietet uns Atol an – ein Heißgetränk auf Maisbasis, erhältlich auch mit Kokos- oder Bananengeschmack. Nach rund zwei Stunden haben wir alle Zutaten beisammen. Auf dem Rückweg schenkt uns Doña Berta, die uns stolz ihren Obst- und Gemüsestand präsentiert, noch zwei Pfirsiche. »So geh hin und iss dein Brot mit Freuden, trink deinen Wein mit gutem Mut; denn dein Tun hat Gott schon längst gefallen.« (Prediger 9,7) Schon jetzt freue ich mich auf Allerheiligen. Dann gibt es, und nur an diesem Tag, eine besondere Spezialität: Fiambre – ein Salat, bestehend aus allem, was die Wursttheke zu bieten hat: etwa Salami, geräucherter Schinken und Paprikawurst. Das Ganze wird mit Weißkohl, Möhren, grünem Salat, Käse, Rote Beete und vielem mehr zu einer Delikatesse verarbeitet. Es gibt einen regelrechten Wettbewerb, wer die meisten Zutaten »verwurstet« – bis zu 50 Zutaten heißt es. Buen provecho! Guten Appetit! Doña Laura beim Besuch in der Markthalle in Mezquital, Guatemala (Foto oben), wo Gemüse und Maisfladen (Foto unten) auf ihrer Einkaufsliste nicht fehlen dürfen. 22
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